Klimaschutz: So will Schwetzingen Schritt für Schritt Emissionen reduzieren
Von Stefan Kern
Schwetzingen. Rund 170 Seiten, 22 Leitprojekte, Ziele bis ins Jahr 2030: Das neue Schwetzinger Klimaschutzkonzept ist ein umfassender Grundplan für Stadt und Bevölkerung im Kampf gegen CO2-Emissionen und Desinteresse. Vor etwa fünf Jahren hatte der Gemeinderat ein solches Konzept in Auftrag gegeben. In der jüngsten Ratssitzung gab es den einstimmigen Beschluss. Die rund 170 Seiten sollen nun in die Praxis umgesetzt werden. Was das genau für die Öffentlichkeit bedeutet, wurde am Freitag bei der Klimaschutzkonferenz im Josefshaus etwas näher beleuchtet.
Der erste große Schritt ist getan. Doch das Interesse der Bevölkerung entsprach weder der Größe des Problems noch dem beeindruckenden Maßnahmenkatalog. Der Raum im Josefshaus war nur halb bestuhlt. Nichtsdestotrotz vertraten Oberbürgermeister René Pöltl, der Leiter der Stabsstelle Klimaschutz, Patrick Cisowski, und Ludwig Karg, Geschäftsführer von B.A.U.M. Consult, eine klare Meinung: "Klimaschutz geht nur mit den Menschen." Jedes Konzept entwickle nur dann Kraft, wenn Menschen Punkt für Punkt mitmachen würden. "Wenn das geschieht", so Karg, "wird auch die anstehende Umsetzungsphase ein Erfolg". Dieser Erfolg hat maßgeblich mit zwei Zahlen zu tun. 1990 war ein Schwetzinger für rund neun Tonnen CO2-Ausstoß verantwortlich. Bis 2030, so der Plan, müssen diese Emissionen auf fünf Tonnen pro Kopf sinken.
Die Klima-Hausaufgaben für Schwetzingen verteilen sich dabei auf fünf große thematische Felder: "Die Stadt als Motivator und Unterstützer im Klimaschutz", "Klimafreundliches Bauen und Sanieren im privaten Bereich", "Mobilitätswende", "Zukunftsfähige Energieversorgung und klimafreundliche Lebensweise" und "Energieeffizienz in Betrieben". Diese fünf Themen untergliedern sich in weitere 22 Handlungsfelder, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. Dabei geht es um den Ausbau der Elektromobilität, um Gemeinschaftsbüros zur Vermeidung von Arbeitswegen, um Energiegewinnung an Dach und Wand, um Ressourcenoptimierung, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, mehr Fahrradwege und Kampagnen für eine energetische Sanierungsoffensive sowie Kommunikation.
Sobald das Maßnahmenbündel umgesetzt wird, werden sich zahlreiche Lebensbereiche der Schwetzinger verändern. "Davor braucht aber niemand Angst zu haben", sagte Karg im Josefshaus: "Vieles bedeutet auf den zweiten Blick gar keine riesige Veränderung, und Manches birgt Chancen auf ein neues Miteinander." Mehr Fuß- und Radverkehr führe etwa zu mehr Begegnungen im öffentlichen Raum. Für Oberbürgermeister Pöltl geht der ökologische Fußabdruck aber weit über die Ortsgrenzen hinaus, entscheiden die Menschen doch heute über die Zukunft der kommenden Generationen: "Bis dato verbrauchen wir mehr Ressourcen, als uns zustehen, und damit produzieren wir zu viel Müll", mahnte der OB. Dieser Zustand müsse sich für künftige Generationen dringend ändern. Dabei betonte Pöltl, dass "niemand perfekt werden muss". Es genüge, stetig besser zu werden. "Besserwerden hat neben den sinkenden CO2-Emissionen auch den angenehmen Nebeneffekt, dass Geld gespart wird." Berater Karg nannte bis 2030 Ersparnisse von rund 230 Millionen Euro.
In der anschließenden Diskussion betonten die Experten nochmals, dass es jetzt darauf ankomme, das Klimakonzept Tag für Tag mit Leben zu füllen. "Der Klimaschutz muss institutionalisiert werden", forderte etwa die Geschäftsführerin der Klimaschutzagentur Mannheim, Tina Götsch. Das bedeutet im Klartext: Bei allen kommunalen Entscheidungen sollten die Folgen für das Klima mitbedacht werden. Je mehr sich die Menschen mit dem Klimaschutz beschäftigen, desto mehr könne man erreichen. Pascal Stocké, Klimaschutzbeauftragter der Verbandsgemeinde Leinigerland in der Nähe von Grünstadt, nannte es ein "Auslösen von Wirkungsketten". Ähnlich wie beim Billardspiel, löse die Bewegung einer Kugel die Bewegung der nächsten aus. In diesem Sinne müsse man voranschreiten.
Eine Sicht, die Professor Orestis Terzidis, Leiter des Instituts für Technologiemanagement und Innovation am KIT, dick unterstrich. Der Möglichkeitshorizont erweitere sich, wenn man sich auf den Weg mache. Und das war für Pöltl, Karg und Cisowski das grundlegende Signal dieser Klimaschutzkonferenz: "Wir machen uns auf den Weg."