Orkantief "Friederike": 600 Reisende saßen in Mannheim fest
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Von Gerhard Bühler und Olivia Kaiser
Mannheim. Lange Schlangen haben sich am Infoschalter der deutschen Bahn gebildet, ungläubig starren die Reisenden immer wieder auf die Anzeigetafel in der zentralen Halle des Mannheimer Hauptbahnhofs. Denn die Fernzüge stehen still. Nichts geht mehr. Weil der der Orkan "Friederike" über Deutschland hinwegzog, stellte die Deutsche Bahn am Donnerstagnachmittag den Fernverkehr deutschlandweit ein. Am Mannheimer Hauptbahnhof strandeten zwei ICE-Züge, die nicht mehr weiterfahren konnten. Einige Reisende mussten eine unvorhergesehene Übernachtung in einem Mannheimer Hotel einplanen.
Gegen 16 Uhr füllt sich die zentrale Halle des Mannheimer Hauptbahnhofs mit Reisenden, die nicht mehr weiter kommen. Vor den beiden Schaltern des Info-Pavillons ist Geduld gefragt. Auf einem Tisch daneben haben Bahnmitarbeiter kleine Plastikflaschen mit Wasser aufgestellt. Die Reisenden können sich kostenlos mit Flüssigkeit versorgen. Inmitten der Menge der Wartenden versuchen drei Bahnmitarbeiterinnen in dunkelblauen Anzügen und roten Schals die Fragen von Neuankömmlingen zu beantworten. "Im Fernverkehr fährt heute kein Zug mehr", lautet ein oft gehörter Satz. So steht es auch auf der großen Anzeigetafel, die normalerweise die ICE-Verbindungen anzeigt.
"Ich komme aus Straßburg und will nach München", sagt Nadja Hirsch auf Nachfrage, die beruflich in der elsässischen Metropole zu tun hatte. Der ICE sei erst eine Stunde zu spät gekommen, dann habe er in Mannheim angehalten: Ende der Fahrt. Per Durchsage habe die Bahn angeboten, im Hotelzug auf Gleis 5 zu übernachten, erzählt sie irritiert. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Bahn einen Ersatzbus organisiert", übt sie Kritik am Krisenmanagement. Nun steht sie in der Schlange vor dem Info-Pavillon, wo an die Reisenden Hotelgutscheine für eine Übernachtung in Mannheim ausgeteilt werden. "Ich komme aus Köln mit dem Sammeltaxi und will weiter nach München", spricht ein anderer Reisender eine Bahnmitarbeiterin an. "Sie haben zwei Möglichkeiten: entweder in Mannheim übernachten oder mit dem Regionalexpress weiter. Dreimal umsteigen, 23.30 Uhr sind Sie in München", klärt sie ihn auf. Der Mann reiht sich lieber in die Schlange der Wartenden für den Hotelgutschein ein.
Aber einige der etwa 600 Reisenden aus den beiden gestrandeten Zügen ziehen es offenbar vor, mit Regionalzügen weiterzufahren. Tatsächlich verkehren nach wie vor Bahnen nach Stuttgart, Frankfurt, Kaiserslautern oder Karlsruhe. Für Reisende mit weit entfernten Zielen ist das aber keine Option. Wie für einen älteren Schweizer, der zurück in seinen Heimatort Bern will. "Das ist höhere Gewalt", zeigt der Eidgenosse Verständnis für die Zugausfälle. "Mich ärgert, dass nicht mehr Leute von der Bahn da sind und sich um die Fahrgäste kümmern", zeigt er sich wegen des langen Wartens in der Schlange genervt.
Nicht ganz verstehen kann der Mann allerdings, warum die Regionalzüge fahren dürfen und die Fernzüge nicht. Das hänge mit den kürzeren Strecken der Regionalzüge zusammen, erklärt eine Sprecherin der Deutschen Bahn auf Anfrage der RNZ. So wolle man "verhindern, dass ICE auf offener Strecke stehen bleiben und Fahrgäste nicht betreut werden können." Dieses Risiko sei bei den ICE-Strecken höher, als den Regionalstrecken. "Außerdem ist so gewährleistet, dass Personal und Züge für die Wiederaufnahme des Betriebs am richtigen Ort sind."
Gegen 18 Uhr hat sich die Bahnhofshalle zum großen Teil schon geleert. Fernzüge kommen schon lange keine mehr an. Das ganz große Chaos ist im Mannheimer Hauptbahnhof ausgeblieben. "Morgen früh werden die Züge wieder fahren", sagen die Bahnmitarbeiterinnen den Reisenden: "Wahrscheinlich". Da Zugtickets mehrere Tage gültig sind, können die Reisenden sie weiterhin verwenden, auch die Spartickets. Wenigstens das ist eine gute Nachricht.