Heidelberg: Melina Matsoukas Film "Queen & Slim" im Karlstorkino
Von Wolfgang Nierlin
Heidelberg. Eigentlich sind der herzensgute Ernest (Daniel Kaluuya) und die selbstbewusste Angela (Jodie Turner-Smith) nur auf dem Heimweg von ihrem ersten gemeinsamen, nicht gerade vielversprechenden Date. Es ist Nacht und kalt und die Straßen von Cleveland sind leer, als die beiden Afroamerikaner von einem bad white Cop wegen einer Lappalie gestoppt werden.
Das verheißt nichts Gutes im Motiv-Kanon des Genres. Und so nimmt das Verhängnis, ausgehend von dieser filmischen Urszene, seinen Lauf: Nach ein paar polizeilichen Schikanen, in denen Machtgebaren und persönliches Recht aufeinanderprallen, nach einigen aggressiven Wortwechseln, Handgreiflichkeiten und Schüssen liegt der Polizist tot auf der Straße.
Plötzlich ist alles anders und aus zwei unbescholtenen Bürgern werden mutmaßliche Verbrecher, die bald polizeilich gesucht werden. Die Strafverteidigerin Angela und der Warenverkäufer Ernest mutieren zu Queen und Slim. Weiß wie Unschuld und Rot wie Blut sind ihre Signalfarben. Gleich in der Eröffnungsszene ihres Spielfilmdebüts "Queen & Slim" exponiert Melina Matsoukas die Fallhöhe ihrer Protagonisten. Slim ist der gläubige, uneitel und solidarisch eingestellte Familienmensch, während sich Queen unter dem Schmerz einer traurigen Familiengeschichte sozial isoliert hat.
Sie hofft aufs Glück, er glaubt an die göttliche Vorherbestimmung; sie wirkt erfahren, er etwas unbedarft. Jetzt sind die beiden Helden, die sich vielleicht nicht wiedergesehen hätten, aneinandergekettet: "Wir stecken da gemeinsam drin." Sofort ist klar: "Wir müssen vorwärts, es gibt kein Zurück." Und so beginnt eine lange Fahrt, die von Ohio über New Orleans bis nach Florida führt, von wo aus sie nach Kuba fliehen möchten.
Während die beiden in den Medien omnipräsent sind, erleben sie kleinere und größere Abenteuer, Pannen und flüchtige Vergnügungen und werden dabei zu Helden der Black Community. Natürlich verbindet Melina Matsoukas ihr freiheitstrunkenes Roadmovie mit einer einfühlsamen Liebesgeschichte, bleibt aber im Aufzeigen der Gegensätze, mit der sie Diskriminierung und Widerstand, Gewalt und Sex kontrastiert allzu plakativ. Auch die Streiflichter auf unterdrückte, ausgebeutete Menschen und typisch amerikanischen Waffenfetischismus wirken leider etwas oberflächlich.
Dafür gelingt der renommierten Musikvideo-Regisseurin (die unter anderem für Beyoncé und Rihanna gearbeitet hat) ein geradezu märchenhafter Trip durch schöne Landschaften im entspannten Flow von Blues und Soul. Gegen die üblichen Klischees der Hautfarbe erfahren Queen und Slim, einmal als die "schwarzen Bonnie und Clyde" bezeichnet, viel Hilfe und Solidarität. Ihre lebenshungrige Reise kulminiert in einem pathetischen Showdown, der ihre Sehnsucht nach Unsterblichkeit ins Mythische überhöht.
Info: Heidelberg, Karlstorkino, OmU: 22. Februar, 19 Uhr; 27. Februar, 21.15 Uhr.