Sturm auf das Kapitol: Das sind der "Schamane", der Kabelbinder-Typ und der Rednerpult-Dieb
Wer sind die Menschen, die das US-Kapitol in Washington gestürmt haben? Rund ein Dutzend von ihnen wurden festgenommen. Darunter: Verschwörungstheoretiker, ein Ex-Air-Force-Offizier und ein Abgeordneter.
Grapevine-Man, Kabelbinder-Typ, Schamane mit Büffelhörnern, Rednerpult-Dieb: Jeder Hollywood-Regisseur, der seinen Rollen solche Namen gegeben hätte, wäre ausgelacht worden. Doch diese Figuren sind echt – und wie soll man sie benennen, wenn nicht nach ihrem Äußeren? Sie alle gehören zu den Hauptdarstellern des realen Schauspiels vom 6. Januar, als Hunderte von Trump-Fans das Kapitol in Washington gestürmt hatten. Einige der Beteiligten waren schon bekannt, wie etwa Jake Angeli, der "Schamane". Andere haben erst jetzt einen Namen bekommen. Wie Larry Rendell Brock aus Grapevine, Texas, der von seiner Ex-Frau auf Fotos identifiziert wurde.
Das ist über die Festgenommenen bekannt
Ungefähr zwei Dutzend Menschen sind im Visier der US-Polizei, rund die Hälfte von ihnen wurde bereits festgenommen. Sie sind unter anderem wegen Fehlverhaltens, Aufruhr und Behinderung der Arbeit des Kongresses angeklagt. Das ist über einige der Festgenommen bekannt:
Der "Schamane mit Büffelhörnern" wird wohl noch für sehr lange Zeit das Gesicht des Sturms auf das Kapitol sein. Jacob Anthony Chansley heißt der Mann, er ist 33 Jahre alt aus stammt aus Arizona. Er nennt sich Jake Angeli und war schon häufiger als Anhänger der rechtsextremen Verschwörungstheorie QAnon aufgefallen. (Lesen Sie hier mehr über die QAnon-Bewegung). Laut der Polizei hatte er selbst beim FBI angerufen, um seine Anwesenheit am US-Kapitol zu bestätigen.
Mit Derrick Evans war auch ein gewählter Parlamentarier unter den Aufständischen. Der 35-Jährige sitzt für die Republikaner im Abgeordnetenhaus des Bundesstaats West Virginia. Oder besser: wurde gerade erst hineingewählt. Evans hatte live auf seiner Facebook-Seite übertragen, wie er ins Washingtoner Kapitol eingedrungen war. Nach seiner Festnahme erklärte er seinen Rücktritt als Abgeordneter. Er hoffe, so den "Heilungsprozess" in den USA einzuleiten, wie er in seinem Abschiedsstatement schrieb. "Damit wir alle nach vorn gehen können und als 'eine Nation, unter Gott' zusammenkommen."
Larry Rendell Brock aus Grapevine in Texas ist ein ehemaliger Air-Force-Officer. Er war derjenige, der in martialischer Kampfausrüstung im US-Senat fotografiert wurde. Der 53-Jährige wurde offenbar von seiner Ex-Frau verpetzt. Laut der US-Bundespolizei FBI soll sie ausgesagt haben: "Ich habe befürchtet, dass er dabei sein würde. Auf den Fotos konnte ich sein Abzeichen erkennen." Dem US-Magazin "The New Yorker" sagte Brock, er sei davon ausgegangen, dass er das Kapitol betreten dürfe. Den Kampfanzug will er nur getragen haben, um sich vor möglichen Angriffen von gegnerischen Demonstranten zu schützen.
Adam Johnson gehörte zu den ersten Verdächtigen, die festgenommen wurden. Er war derjenige, der das Rednerpult der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, entwendet haben soll. Auf Bildern ist zu sehen, wie er mit einer Trump-Wintermütze auf dem Arm und dem Pult in der Hand zufrieden in die Kameras lächelte. Johnson, 36, ist Vater von fünf Kindern und stammt aus Florida.
Ebenfalls am Freitag wurde Richard Barnett ausArkansas verhaftet. Bei ihm handelt es sich um wohl um den Mann, der sich mit einem Fuß auf dem Schreibtisch stolz in Pelosis Sessel fotografieren ließ. Der 60-Jährige ist als Schusswaffen-Befürworter bekannt. "Ich wurde da hineingeschubst", sagte Barnett, der eine Facebook-Gruppe für das Recht auf Schusswaffenbesitz verwaltet, einem Radiosender. "Ich habe die Toilette gesucht." Er habe allerdings das Recht gehabt, in Pelosis Büro zu sein, so Barnett weiter. Dieses sei schließlich aus Steuermitteln bezahlt worden. "Das ist mein Schreibtisch. Ich bin ein Steuerzahler", sagte er. Bevor er das Büro verließ, nahm er nach eigener Aussage einen Briefumschlag mit und hinterließ Pelosi eine Notiz, in der er sie als "Nutte" bezeichnete.
Ob Cleveland Grover Meredith auch an der Erstürmung des Kapitols beteiligt war, ist noch unklar. Sicher ist: Er hatte am Mittwoch an der Trump-Kundgebung in Washington teilgenommen und eine SMS versandt, in der drohte, Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, "live im Fernsehen" eine Kugel in die "Birne" zu schießen. In seinem Wohnwagen hat die Bundespolizei eine Glock-Pistole, ein Sturmgewehr und Hunderte Schuss Munition gefunden. US-Medien zufolge, ist Meredith ebenfalls QAnon-Anhänger sowie polizeibekannt. 2018 soll er in Georgia ein Großflächenplakat mit dem Slogan "#QANON" aufgehangen haben. Zudem sei er wegen unerlaubten Waffenbesitzes angeklagt gewesen.Fotostrecke Eskalation in Washington - 8.55 Uhr
Polizist machte Jensen den Weg frei
Hinter dem "Kabelbinder-Typen" verbirgt sich der Barmann Eric Munchel aus Lee County in Tennessee. Auf Bildern ist zu sehen, wie er Kunststoffschnüre bei sich trägt, die auch als Ersatz für Handschellen benutzt werden. Ein Mann namens Doug Jensen wurde am Samstag verhaftet. Auf einem Video ist zu sehen, wie er das Kapitol betritt und Polizist ihm dabei aus dem Weg geht. Bradley Rukstales ist der frühere Chef einer Marketing-Firma aus dem Bundesstaat Illinois. Auch er muss sich wegen gewaltsamen Zutritts zu einem zugangsbeschränkten Gebäude und ungebührlichen Verhaltens verantworten.
Quellen: DPA, AFP, MSN.com, "New York Times", NBC2, Yahoo News, "The New Yorker", NBC, Conan Daily