Zahlen der US-Gesundheitsbehörde: Herzmuskelentzündung nach Corona-Impfung – was darüber bekannt ist
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Berichte über Herzmuskelentzündungen nach Corona-Impfungen gibt es bereits seit Längerem. Nun hat die US-Gesundheitsbehörde CDC Zahlen vorgelegt.
US-Experten sehen beim Auftreten hunderter Fälle von Herzmuskelentzündungen nach einer Corona-Impfung einen Zusammenhang zu den sogenannten mRNA-Vakzinen als "wahrscheinlich" an. Diesen Schluss lege die bisherige Datenlage nahe, hieß es am Mittwoch bei einer Präsentation in einer von der US-Gesundheitsbehörde CDC einberufenen Expertengruppe. Die Vorteile einer Impfung gegen das Coronavirus würden die Risiken aber "deutlich überwiegen". Es soll zugleich einen neuen Warnhinweis für die Impfstoffe geben.PAID Curevac Bilanz 17.55
Die Experten prüften den Verdacht, dass die mRNA-Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna bei jungen Menschen vereinzelt eine Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis) oder des Herzbeutels (Perikarditis) verursachen können. Dazu werteten sie Daten zu mehr als 300 bestätigten Myokarditis-Fällen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus, die kurz zuvor mit einem mRNA-Vakzin gegen Corona geimpft worden waren.
"Myokarditis ist eine seltene, aber keine neue Erkrankung", erklärte der Kinderkardiologe Matthew Oster. Bislang werde davon ausgegangen, dass die Krankheit normalerweise von Viren verursacht werde. "Es scheint, dass die mRNA-Impfstoffe ein neuer Auslöser sein können", sagte Oster.
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich auf Twitter zu den CDC-Zahlen. Demnach sei der Verlauf in 95 Prozent der Fälle sehr harmlos. Eine Covid-Erkrankung habe auch für Kinder "deutlich häufigere und schwerere Komplikationen", so Lauterbach.
Die meisten Fälle nach zweiter Impfdosis
Bis zum 11. Juni wurde in den USA bei 323 Patienten im Alter von unter 30 Jahren nach einer Corona-Impfung eine Myokarditis oder eine Perikarditis diagnostiziert. Knapp 150 Verdachtsfälle würden zudem noch geprüft, teilte die US-Gesundheitsbehörde mit. Dem stehen weit mehr als 50 Millionen Impfdosen gegenüber, die bis dahin an Zwölf- bis 29-Jährige verabreicht wurden. Die Zahl der Erkrankungen ist damit im Verhältnis sehr niedrig, aber höher als bei dieser Altersgruppe zu erwarten wäre.
309 der Patienten mussten ins Krankenhaus, wo derzeit noch neun behandelt werden. Mindestens 218 Patienten hatten sich zum Zeitpunkt der Datenerhebung bereits vollständig von ihren Symptomen erholt. Die meisten Fälle traten bei jungen Männern und binnen einer Woche nach der zweiten Impfdosis auf. Bei jungen Frauen war das Risiko nach der zweiten Impfdosis deutlich weniger stark erhöht. Einen bestätigten Todesfall gibt es bislang nicht.Immunologe Watzl Interview 16.20
CDC-Chefin Rochelle Walensky hatte vergangene Woche erklärt, diese Fälle seien "selten" und "die große Mehrheit" der Betroffenen habe sich "mit Ruhe und unterstützender Behandlung wieder vollständig erholt".
Da Kinder deutlich seltener schwer an Covid-19 erkranken, sind Corona-Impfungen bei dieser Altersgruppe teils umstritten. Der Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten bei Kindern am Cohen Children's Medical Center in New York, Lorry Rubin, verwies aber gegenüber der Nachrichtenagentur AFP darauf, dass in den USA seit Pandemiebeginn mehr als 3000 Kinder wegen Covid-19 ins Krankenhaus mussten und mehr als 300 gestorben seien.
Herzmuskelentzündung – was ist das?
Bei einer Herzmuskelentzündung entzünden sich Zellen im Muskelgewebe des Herzens, dem sogenannten Myokard. Eine Herzmuskelentzündung wird in der Fachsprache deshalb auch als Myokarditis bezeichnet. Auslöser kann beispielsweise eine verschleppte Grippe oder eine vorherige Infektion des Magen-Darm-Trakts mit Viren sein. Grundsätzlich kommen aber auch andere Auslöser infrage.
Menschen, die sich nach einem Infekt nicht ausreichend lange schonen, sind nach Angaben der Deutschen Herzstiftung besonders gefährdet, eine Myokarditis zu entwickeln. "Steigen Sie also nach einem Infekt erst dann wieder in die sportlichen Aktivitäten ein, wenn Sie sich wirklich wieder fit fühlen", heißt es auf der Seite der Stiftung.
Symptome sind unter anderem Abgeschlagenheit, Luftnot, Brustschmerzen oder Herzrhythmusstörungen wie Herzstolpern. Grundsätzlich kann die Entzündung jedoch auch unspezifische oder keine Symptome hervorrufen. Der Verlauf kann sich je nach Person stark unterscheiden. Halten Beschwerden wie Abgeschlagenheit länger als nach einem Infekt üblich an oder sind besonders stark, sollte in jedem Fall eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.
Unabhängig von der Schwere der Erkrankung sollten sich Betroffene schonen. "Ärztinnen und Ärzte empfehlen, sechs Monate lang auf starke körperliche Anstrengung zu verzichten", schreibt die Deutsche Herzstiftung. Schwerere Formen einer Herzmuskelentzündung können zudem mit Medikamenten behandelt werden, die die Pumpfunktion des Herzen stabilisieren und Entzündungen eindämmen.
Quelle: CDC - Centers for Disease Control and Prevention / Deutsche Herzstiftung