Ødegaard, Bale und mehr: Fünf Lehren aus dem Milan-Spiel
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Carlo Ancelotti hat noch eine Menge Arbeit vor sich, auf die Defensive um Nacho kann sich der Italiener aber verlassen – Fotos: Imago
MADRID. Der zweite Sommer mit verkürzter Vorbereitungszeit, gewichtige Abgänge, viele späte EM-Rückkehrer sowie kein gewonnenes Testspiel: Ein Blick auf die nackten Fakten und Zahlen könnte den Rückschluss zulassen, dass den Blancos eine schwierige Saison bevorsteht. Der Testspielauftritt gegen den AC Mailand (0:0) gibt dennoch Anlass, der Spielzeit positiv entgegenzublicken, wenn Ancelotti und Co. wesentliche Lehren ziehen – REAL TOTAL analysiert fünf davon.
Bales komplexe Situation: Vertrauen könnte Reals Offensivproblem lösen
In Abwesenheit von Karim Benzema war es für viele Madridistas überraschenderweise Gareth Bale, der mit seinen Tiefenläufen die größte Torgefahr aufseiten der Blancos ausstrahlte. Seine beste Szene hatte der bei vielen Anhängern der Königlichen in Ungnade gefallene Waliser kurz vor der Halbzeit, als er einen Pass in die Tiefe erlief und auf dem Weg zum Führungstreffer von Milans Calabria nur per Foulspiel zu stoppen war. Dass Bale den folgerichtigen Elfmeter selbst ausführte und damit an AC-Keeper Maignan scheiterte, ist Sinnbild der komplexen Situation des mittlerweile 32-Jährigen.
Wie wichtig der Außenbahnspieler für Ancelotti und den Rekordmeister sein kann, hat er zuletzt während seiner vor allem unter statistischen Gesichtspunkten enorm erfolgreichen Leih-Zeit bei Tottenham unter Beweis gestellt: In London traf er in gerade einmal 920 Premier-League-Minuten elf Mal (83 Minuten pro Tor) und bereitete zwei weitere Tore vor und war damit in puncto Effektivität bester Angreifer in England. Sollte „Carletto“ dem Flügelspieler das nötige Vertrauen vermitteln, könnte dieser an der Concha Espina noch einmal zünden.
Offensive Scoring-Alternativen gesucht
Die Personalie Bale offenbart – auch im Kontext des Milan-Spiels – zudem eines der vielleicht größten Probleme im Kader der Merengues: So ist es der Ancelotti-Elf in Klagenfurt zwar gelungen, den Ball sehenswert durch die eigenen Reihen laufen zu lassen und darüber hinaus auch immer wieder Torgefahr zu erzeugen. In letzter Instanz fehlt fast sämtlichen Offensivspielern des Hauptstadtklubs vor dem Tor allerdings entweder die nötige Kaltschnäuzigkeit oder das Durchsetzungsvermögen.
Wollen Benzema und Co. ein ernsthaftes Wörtchen um Edelmetall mitreden, darf das Toreschießen nicht nur am Franzosen hängenbleiben. Von Spielern wie Rodrygo, Vinícius Júnior oder Luka Jović muss ein Entwicklungssprung folgen. Vor allem dann, wenn Real auf dem Transfermarkt nicht mehr aktiv werden sollte. Ohne Unterstützung durch andere Offensivspieler, dürfte die Last des Toreschießens für Benzema kaum zu schultern sein.
Dank Alaba: Innenverteidiger stimmen zuversichtlich
Positiv stimmt hingegen die Defensivleistung des spanischen Rekordmeisters. Abgesehen von der Anfangsviertelstunde, in der Milan nicht nur aktiver war, sondern zugleich zu einigen Torchancen kam, ließen die Hauptstädter nur wenig zu. Vor allem David Alaba, der sein Debüt im königlichen Dress gab, und Routinier Nacho Fernández strahlten im Duo verhältnismäßig viel Sicherheit aus.
Hier sollte „Carletto“ angesichts einer langen und abermals kräftezehrenden Saison die richtige Rotation finden. Denn: Mit Éder Militão steht noch ein weiterer Innenverteidiger im Kader, der sich in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit zu einer tragenden Säule entwickelt hat. Vorsichtige Prognose: Ramos und Varane fehlen den Blancos, so wie sie in jeder Mannschaft eine Lücke hinterlassen würden – mit Alaba, Nacho und Militão befindet sich aber viel Qualität im Kader der Madrilenen.
Trotz Sommerpause nur Reservist: Ødegaard am Scheideweg?
Überraschenderweise musste der Norweger, hinter dem im Unterschied zu vielen seiner Teamkollegen eine verhältnismäßig erholsame (da EM-freie) Sommerpause liegt, zum wiederholten Male mit einem Platz auf der Bank Vorlieb nehmen. Zwar hieß es aus dem Umfeld des Rekordmeisters zuletzt, der 22-Jährige solle unter Ancelotti eine zentrale Rolle einnehmen – der Bankplatz in Klagenfurt unterstreicht das jedoch vorerst nicht.
Klar ist: Martin Ødegaard verfügt mit seinem außergewöhnlichen Blick für die Tiefe des Raumes und seinem feinen Füßchen über enorme Qualitäten, die jedes Team der Welt weiterbringen können. Klar ist aber auch, dass der Norweger in dieser Saison liefern muss. Will er sich an der Concha Espina durchsetzen, muss er sich an der Seite von Größen, wie etwa Luka Modrić oder Casemiro, etablieren und merklichen Einfluss auf Reals Offensivspiel nehmen. Gegen Milan ist ihm das leider (noch) nicht gelungen, sodass auch eine Flucht zurück zum FC Arsenal nicht unmöglich scheint. Je nach Höhe des Angebots wären die Merengues auch gesprächsbereit.
Canteranos geben unerwartete Tiefe
Dass Reals auf den ersten Blick etwas dünn besetzter Kader in puncto Qualität über eine größere Tiefe verfügt, als dies den Anschein hat, deutete das Auftreten der Canteranos an: Ob Miguel Gutiérrez als dynamische und mutige Linksverteidiger-Option, Antonio Blanco als zusätzlicher Taktgeber im Mittelfeld, Sergio Arribas als agiler Wirbelwind auf dem Flügel oder Marvin Park als lernwilliger Außenspieler – die Nachwuchsschmiede der Merengues könnte nicht zuletzt angesichts der überschaubaren Transferaktivitäten von großer Bedeutung für den Saisonverlauf werden.
Insbesondere Blanco und Gutiérrez winken einerseits aufgrund ihrer starken Auftritte und andererseits aufgrund der personellen Situation auf den jeweiligen Positionen regelmäßig Einsatzminuten. Auch hier wird Ancelotti gefragt sein, das richtige Verhältnis zu finden.
Inwiefern es den Blancos schon vor Saisonstart am Samstag bei Deportivo Alavés (22 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und bei DAZN) gelingt, die richtigen Lehren aus der verkürzten Vorbereitung zu ziehen, wird der Auftritt im Estadio Mendizorrotza offenbaren. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Saison könnten trotz all der Baustellen schlechter sein.