Heidelberg: Stadt will mehr Grundstücke auf Zeit anbieten
Heidelberg. (bms) Bei der Ausweisung von Gewerbegebieten stellt sich für Kommunen immer drängender die Frage: Flächen verkaufen oder im Eigentum behalten? Als tragfähiges Instrument zur langfristigen strategischen Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Heidelberg will die Stadt nun künftig Erbbaurechtsverträge als günstige Alternative zum Grundstückskauf anbieten. Das gilt nach Einzelfallprüfungen für alle Wirtschaftsflächen. Darauf verständigten sich die Stadträte im Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft.
Erbbaurecht heißt, dass eine Immobilie auf fremdem Grundstück gebaut oder gekauft werden kann. Der Eigentümer eines Grundstücks räumt dazu die Nutzung seines Grundstücks für einen festgelegten Pacht-Zeittraum ein. Im Gegenzug zahlt der Immobilieneigentümer dem Grundstückseigentümer jährlich eine Art Miete, den sogenannten Erbbauzins.
Die Vorlage der Verwaltung sieht für Erbbaurechtsverträge in Heidelberg eine Laufzeit von 60 Jahren vor, mit der Option auf Verlängerungen. Der Erbzins soll bei vier Prozent jährlich liegen. Strategisch wichtige Schlüsselgrundstücke will die Stadt künftig ausschließlich im Erbbaurecht bestellen, um Handlungsspielräume für die Kommune zu sichern oder nach einer gewissen Zeit eben neu planen zu können, welches Gewerbe wo angesiedelt wird, ob etwa ein Industrie- oder Handwerksbetrieb oder Dienstleister den Zuschlag für eine Fläche bekommt. Auch für die Unternehmer und Handwerker sieht man Vorteile: Beim Erbbaurecht müssen sie nur die Aufbauten finanzieren und nicht gleichzeitig noch das entsprechende Grundstück. Zudem ist der Erbbauzins steuerlich voll absetzbar.
Einige Stadträte waren zunächst auch etwas skeptisch, denn Gewerbeimmobilien seien nun mal Spezialimmobilien, meinten Werner Pfisterer und Matthias Kutsch (beide CDU). "Für viele Unternehmen sind Erbpachten ein KO-Argument. Biontech zum Beispiel würden wir damit bestimmt nicht nach Heidelberg holen." Ein Unternehmer und Handwerker denke bei Eigentum langfristig und wegen der begrenzten Laufzeiten der Verträge auch über die Altersvorsorge nach. Für die SPD signalisierte Mathias Michalski breite Zustimmung. Stadträtin Rahel Liz Amler (Grüne) verwies auf ein gewisses Restrisiko für die Kommune, etwa bei Insolvenzen. Hildegard Stolz (Bunte Linke) wollte noch wissen, über wie viel Fläche man eigentlich hier rede. Oberbürgermeister Eckart Würzner musste einräumen, dass ihm die genaue Zahl zurzeit nicht bekannt sei. "Das werden wir prüfen und Ihnen dann noch zukommen lassen." Letztlich herrschte aber große Einigkeit, dass Eigentum auf Zeit über Erbbaurechtsverträge eben auch eine nachhaltige Nutzung sicherstellt, Leerstand reduziert und einen Nutzerwechsel auf ein und derselben Fläche ermöglicht.