Straßenblockaden: Lange Gewahrsahmnahme, hohe Geldstrafen – Gerichte gehen hart gegen Klimaaktivisten vor
Nach zahlreichen Straßenblockaden geht die Justiz verschärft gegen Klimaaktivisten der Letzten Generation vor. In München wurden zwölf Teilnehmer zu einer Gewahrsamnahme bis Anfang Dezember verurteilt. In Berlin muss eine andere Teilnehmerin eine hohe Geldstrafe zahlen.
Nach zwei aufeinanderfolgenden Straßenblockaden hat das Amtsgericht München für zwölf Klimaaktivisten ohne Prozess eine Gewahrsamnahme bis Anfang Dezember angeordnet. Wie ein Gerichtssprecher am Freitag sagte, seien insgesamt 15 Klimaaktivisten verschiedenen Richtern vorgeführt worden, nur bei dreien kam es zu einer kürzeren Gewahrsamnahme. Grundlage für das lange Einsperren ohne Prozess ist laut Polizei das bayerische Polizeiaufgabengesetz.Interview Protestforscher Christian Volk 16.17
Die Aktivisten sollen am Donnerstagvormittag an einer Straßenblockade mit insgesamt 17 Teilnehmern beteiligt gewesen sein, bei welcher der Verkehr nahe dem Münchner Karlsplatz blockiert wurde. Nach dem Ende der Blockade und der Feststellung ihrer Personalien kamen die Aktivisten am Donnerstagnachmittag zunächst wieder frei.
Mit der Hand auf die Fahrbahn geklebt
Kurz nach der Freilassung starteten 15 der Aktivisten laut Polizei erneut am Karlsplatz eine Blockade und brachten den Verkehr zum Erliegen. Bis zum Eintreffen der Polizei hatten sich demnach die ersten Demonstranten mit einer Hand auf der Fahrbahn angeklebt. Die Blockade verursachte genau wie die vorherige laut Polizei erhebliche Verkehrsbehinderungen.
Die Polizei erklärte den angeordneten polizeilichen Gewahrsam damit, weitere angekündigte Blockadeaktionen und Straftaten durch die Verdächtigen verhindern zu wollen. Den vorzeitig aus dem Gewahrsam entlassenen Aktivisten seien die drohenden Folgen bei neuen Straßenblockaden verdeutlicht worden.Kommentar Letzte Generation Medien 11.50
Das Polizeipräsidium München warnte dringend vor einer Beteiligung an solchen Aktionen, diese seien Straftaten. "Aus dem Grund wird die Münchner Polizei, unter Ausschöpfung aller rechtlicher Mittel, gegen derartige Blockadeaktionen weiterhin konsequent vorgehen", erklärte das Polizeipräsidium.
Urteil auch in Berlin nach Straßenblockaden
Unterdessen hat Amtsgericht Berlin-Tiergarten eine 56-jährige Klimaaktivistin wegen der Teilnahme an drei Straßenblockaden zu einer Geldstrafe in Höhe von 1350 Euro verurteilt. Die Vorsitzende Richterin sprach Helga H. am Freitag der Nötigung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig.
H. gestand zu Beginn des Prozesses, sich an drei Blockaden der Gruppe Letzte Generation auf Autobahnzufahrten in der Hauptstadt beteiligt zu haben. Sie habe sich "gewaltfrei und friedlich" auf die Straße gesetzt. "Ein Weiter so kann unsere Erde nicht vertragen", sagte die 56-Jährige zu den Gründen für ihre Teilnahme an den Aktionen. Sie sehe sich als Teil der letzten Generation, die einen Klimanotstand noch aufhalten könne.Besser essen fürs Klima_ 17.01
Anschließend wurden mehrere Polizeibeamtinnen und -beamte befragt, die an den Einsätzen zur Auflösung der Protestaktionen beteiligt waren. Das Gericht wertete die Teilnahme der Aktivistin an den Blockaden als Nötigung. Niemand könne das Recht für sich in Anspruch nehmen, andere Leute – hier die Autofahrer – "für seine Zwecke zu instrumentalisieren", sagte die Vorsitzende Richterin. Bei der dritten angeklagten Straßenblockade Anfang Februar sah die Juristin zusätzlich den Straftatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte als erfüllt an, weil sich H. hier an die Fahrbahn festgeklebt hatte.
Das Gericht lag mit seinem Urteil über der Forderung der Staatsanwaltschaft. Diese hatte nur eine Verurteilung wegen Nötigung und dafür eine Geldstrafe in Höhe von 1050 Euro gefordert. Der Verteidiger der 56-Jährigen beantragte einen Freispruch. Laut Gericht gab es in Berlin bislang sechs Prozesse gegen Mitglieder der Letzten Generation, vier davon gegen Erwachsene. In diesen vier Fällen wurden jeweils Geldstrafen ausgesprochen.