Neues Parlament in Israel kurz nach tödlichem Anschlag vereidigt
Wenige Stunden nach einem tödlichen Anschlag auf Israelis im besetzten Westjordanland ist am Dienstag das neue israelische Parlament vereidigt worden. 64 der 120 neu vereidigten Abgeordneten unterstützen den konservativen früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als neuen Regierungschef, erwartet wird eine Koalition mit ultraorthodoxen Parteien und einem ultra-rechten Bündnis. Dessen Ko-Anführer forderte angesichts des blutigen Angriffs am Dienstag "die Todesstrafe für Terroristen".
Ein 18-jähriger Palästinenser hatte am Morgen im besetzten Westjordanland drei Israelis getötet und mehrere weitere schwer verletzt, bevor er von israelischen Soldaten erschossen wurde. Militärangaben zufolge erstach der Angreifer zwei Männer und tötete einen weiteren mit einem gestohlenen Auto.
Der Ko-Vorsitzende des radikalen Bündnisses Religiöser Zionismus, Itamar Ben-Gvir, forderte nach dem Vorfall umgehend "die Todesstrafe für Terroristen". Der Angriff sei "ein Weckruf", betonte der Politiker, der für sich in der noch zu bildenden neuen Regierung den Posten des Ministers für öffentliche Sicherheit und damit die Zuständigkeit für die Polizei fordert: "Nur eine eiserne Faust wird den Terror beenden."
Ben-Gvirs Ko-Vorsitzender Bezalel Smotrich beansprucht für sich das Finanz- oder das Verteidigungsministerium. Faktisch ist der israelische Verteidigungsminister wegen der seit der Besetzung 1967 bestehenden Militärherrschaft für das gesamte Westjordanland zuständig. Smotrich sagte am Dienstag mit Blick auf den Anschlag, Israel könne nicht zulassen, dass die Palästinenser "sich in den Prozess der Regierungsbildung einzumischen versuchen". Gleichzeitig sollten "unsere Freunde in der Welt unsere demokratischen Entscheidungen respektieren".
Israelischen Medienberichten zufolge hatte die US-Regierung Netanjahu gedrängt, bei der Regierungsbildung Verteidigungs- und Sicherheitsminister zu ernennen, mit denen Washington zusammenarbeiten kann - dies wurde als Mahnung verstanden, weder Ben-Gvir noch Smotrich zu ernennen.
Der scheidende Finanzminister Avigdor Lieberman sagte am Dienstag dem Radiosender Kan, "Freunde in Washington" hätten ihm gesagt, dass die USA nicht mit den Anführern des Bündnisses Religiöser Zionismus zusammenarbeiten würden. Netanjahus Likud-Partei lehnte auf AFP-Anfrage eine Stellungnahme dazu ab, ob es tatsächlich derartige Warnungen aus Washington gegeben hat.
Nach einer Serie von Angriffen auf Israelis ist die Lage im besetzten Westjordanland seit Monaten stark angespannt. Die israelische Armee geht inzwischen fast täglich mit Razzien gegen radikale Palästinenser vor.
Netanjahu könnte mit seinen potenziellen Koalitionspartnern die am weitesten rechts stehende Regierung in der israelischen Geschichte bilden.
ans/gt