"Cos Commission": Den virtuellen Schwarm in die Realität holen: Das versucht der Cosplay-Dating-Trend in China
In China bezahlen immer mehr Frauen Cosplayer für Dates, um ihren virtuellen Schwarm in die Realität zu holen. Diese sollen sich dann genauso stylen und verhalten wie männliche Charaktere aus Online-Spielen, in denen es um Dating geht.
Online-Spiele, in denen die weibliche Protagonistin den fiktiven Mann ihrer Träume (oder gleich mehrere) daten kann, sind seit Jahren beliebt in China. Nun wollen viele Frauen mit ihren liebsten männlichen Charakteren aus den Spielen auch offline Zeit verbringen können – zumindest gefühlt. Um das möglich zu machen, engagieren sie Cosplayer. STERN PAID C+ Das Rennen um Künstliche Intelligenz KI 14.36
Diese Art von Spiele werden auch "Otome-Games" oder "Dating-Sims" genannt und kommen ursprünglich aus Japan, sind aber auch in China seit Jahren beliebt. Dabei steht das Liebesleben einer weiblichen Protagonistin im Vordergrund – Ziel der interaktiven Spiele ist es, romantische Beziehungen mit den männlichen Charakteren aufzubauen und zu unterhalten. Spieler:innen können zwischen verschiedenen geskripteten Szenarien auswählen und so die Handlung vorantreiben. Häufig lassen sich durch In-App-Käufe die Chancen verbessern, die virtuellen Beziehungen erfolgreich am laufen zu halten und höhere Level zu erreichen – und viele geben hier einiges an Geld aus. In sozialen Medien oder Foren tauschen sich unzählige, vor allem junge Menschen, über die Spiele und ihre Lieblingscharaktere aus.
Trend zum fiktiven Partner in China wurde durch Corona-Pandemie verstärkt
Die überwiegend weiblichen Fans dieser Spiele werden auch als "Dream Girls" bezeichnet, weil sie sich häufig eine Beziehung mit ihrem fiktiven Lieblingscharakter, zum Beispiel aus Games oder einer Serie, vorstellen und darüber Tagträumen. Die Corona-Pandemie könnte den Trend zum "virtuellen Freund" Medienberichten zufolge noch weiter verstärkt haben, die Nutzerzahlen der "Otome"-Spiele sollen während der Lockdowns stark gestiegen sein.
Immer mehr von ihnen wünschen sich aber offenbar mehr als den digitalen Austausch mit den männlichen Charakteren ihrer Lieblings-Spiele, wie das chinesische Online-Magazin "Sixth Tone" berichtet. Viele junge Frauen geben Annoncen im Internet auf, samt Angaben zur gewünschten Kostümierung, Bezahlung, und ob auch küssen gewünscht ist oder nicht. Das Besondere: Die Cosplayer, die die Frauen für die Dates engagieren, sollen oft selbst weiblich sein, sich aber als männliche Charaktere verkleiden – weil viele Frauen sich so sicherer und wohler fühlen würden, wie einige gegenüber "Sixth Tone" berichtet haben sollen.
Ganz neu sind derartige Dating-Trends nicht. Bereits 2019 berichtete die Nachrichtenagentur AFP, dass immer mehr junge, chinesische Frauen die Dienste von "virtual boyfriends" in Anspruch nehmen. Sie bezahlen für Dienste wie SMS, chatten oder Anrufe – zu einem realen Treffen kommt es in diesen Fällen aber nicht. Die meisten Frauen seien in ihren Zwanzigern, alleinstehend und verfügen über ein stabiles Einkommen. Sexueller Natur sollen die Dienste aber nicht sein.Viele wünschen sich einfach ein offenes Ohr, emotionale Unterstützung oder romantische Unterhaltungen, berichteten einige junger Männer, die ihre Dienste online anbieten, gegenüber der Nachrichtenagentur. Chris K.K. Tan, Professor an der Universität Nanjing, der dieses Phänomen untersucht hat, ordnet es so ein: "Die Menschen haben herausgefunden, wie man Zuneigung zur Ware machen kann." STERN PAID 13_23 Cosplay Fotostrecke Kind, Wie siehst du denn aus? 11.45
In der Galerie: Fotograf Niccolò Rastrelli hat leidenschaftliche Cosplayer in Italien abgelichtet – jedoch nicht auf einer Convention, sondern zusammen mit ihren Familien im eigenen Elternhaus.
Quellen: Sixth Tone, TikTok, France24, Tokyo Girls, Update, Jing Daily, Quartz