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Май
2023

Siedler | Jerusalem: Kampf um den Ölberg

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In Jerusalem wird eine der heiligsten Stätten der Welt zum Spielball im Streit zwischen Israelis und Palästinensern

Selbst in einer Stadt wie Jerusalem sind manche Orte heiliger als andere. Der Ölberg im Osten der Altstadt mit seinen zahlreichen Kirchen, dem jüdischen Friedhof sowie Grabstätten, die dem Sufi-Mystiker Rabia al-Basri und dem mittelalterlichen Gelehrten Mujir al-Din zugeschrieben werden, ist ein solcher Ort.

Nach Überzeugung der Christen hat Jesus hier die letzten Tage seines irdischen Lebens verbracht. Nach jüdischem Glauben wird der Messias unterhalb des Hügels das Jüngste Gericht abhalten; sowohl Christen als auch Muslime glauben, dass Jesus von dort in den Himmel aufgefahren ist. Sein Gipfel, von dem aus man einen guten Blick auf den Tempelberg oder Haram-al-Sherif hat, ist seit Jahrtausenden ein Pilgerort für alle drei Glaubensrichtungen.

Heute ist der Ölberg außerdem der letzte Teil im besetzten Ostjerusalem, der außerhalb des Zugriffs der israelischen Siedlerbewegung steht. Eine geplante Übernahme des Hügels – getarnt als Pläne für einen neuen Nationalpark – könnte jedoch den Charakter der heiligen Stätte fundamental verändern und hat beim Heiligen Stuhl in Rom, ebenso im Weißen Haus mit seinem katholischen Präsidenten, die Alarmglocken schrillen lassen.

Normalerweise werden die Kämpfe um die Kontrolle Jerusalems weniger als theologische, sondern vielmehr als territoriale Streitigkeiten betrachtet: Sowohl Israelis als auch Palästinenser beanspruchen die Stadt als ihre Hauptstadt. Die israelische Besetzung des palästinensischen Gebiets begann 1967. Die Altstadt und die übrigen Teile der östlichen Hälfte Jerusalems wurden 1980 zwar von Israel annektiert, nach internationalem Recht gelten sie aber weiterhin als besetzt.

Archäologie als Waffe

Nirgendwo auf der Welt liegen so viele heilige Orte so eng beieinander und nirgendwo sind sie so heftig umkämpft: Archäologie, Geschichte und Religion sind hier auch Waffen im Kampf um die Stadt Gottes. Dabei geht die schleichende Erosion der islamischen und christlichen Präsenz in Jerusalem – der beiden palästinensischen Glaubensrichtungen – nicht zufällig vor sich. Die Palästinenser werden von israelischen Siedlern aus der Altstadt und den Wohnvierteln in Ostjerusalem verdrängt. Gleichzeitig zerstört die israelische Regierung zunehmend viele palästinensische Häuser und Wohnungen mit der Begründung, dass ihnen Baugenehmigungen fehlten.

Von den heiligen Stätten der Altstadt ist der Ölberg der letzte und möglicherweise wichtigste Zielort dieser Strategie. Während anderswo in Ostjerusalem die Palästinenser wenig Handhabe gegen den israelischen Staat haben, gehören mehr als ein Dutzend Pilgerstätten auf dem Berg mächtigen Kirchen, unter anderem dem Vatikan; Bemühungen, das Machtgefüge auf dem Ölberg zu verändern, hat deshalb auch Konsequenzen für zwei Milliarden Christen weltweit.

Laut der Bürgerrechtsgruppe Ir Amim, die „Würde und Wohlergehen“ aller Bürger Jerusalems sichern will, enteigneten nach 1967 mehrere aufeinanderfolgende israelische Regierungen rund ein Drittel von Ostjerusalem. Sie bauten große Wohnviertel, die mehrheitlich von Juden bewohnt werden, und erweiterten so die Grenzen der Stadt. Zum größten Teil erinnern diese Viertel eher an Arbeitervorstädte und ihre Bewohner betrachten sich selbst nicht als Siedler.

Die zweite Siedlungsform ist als „Siedlungsenklaven“ bekannt, individuelle Häuser oder Häuseransammlungen in der Altstadt und in Brennpunktvierteln in Ostjerusalem im historischen Gebiet, das sie umgibt, wie Scheich-Dscharrah und Silwan. Viele hier lebende Israelis vertreten die Meinung, dass dem jüdischen Volk die Gesamtheit des biblischen Landes Israel zurückgegeben werden muss, egal, was dafür nötig ist – und sei es Gewalt.

„Wir werden von allen Seiten angegriffen, von der Regierung und den Siedlern, die zusammenarbeiten“, sagt dazu Fakhri Abu Diab, Mitbegründer der Nichtregierungsorganisation Jahalin Solidarity, die sich dafür einsetzt, den zwangsweisen Umzug von Palästinensern zu verhindern. Sein Haus in dem südlich des Ölbergs gelegenen Viertel al-Bustan ist eines von rund hundert Häusern, denen der Abriss droht, damit Platz für einen weiteren Nationalpark entstehen kann. „Sie sagen, sie wollen stattdessen Wohnungen bauen, aber niemand weiß, wann das umgesetzt wird. Wir zahlen Steuern, obwohl wir keine Staatsbürgerschaft haben. Jüdische Häuser und Wohnungen werden nicht zerstört. Wir verdienen Gleichbehandlung“, verlangt er.

Die Siedler haben es nicht nur auf privates Eigentum abgesehen, sondern sie versuchen auch, sich im öffentlichen Raum breitzumachen. Elad ist eine große Siedlervereinigung, die in Tourismus und Archäologie investiert, um „die jüdische Verbindung zu Jerusalem“ zu stärken. Finanziert wird Elad vom russischen Milliardär Roman Abramowitsch. In den vergangenen zwei Jahrzehnten gewann die Vereinigung teilweise ohne jeden Mitbewerber Lizenzen, um Sehenswürdigkeiten in Jerusalem zu managen und zu entwickeln, die von der Israelischen Natur- und Parkbehörde (INPA) verwaltet werden. Laut einem Bericht des israelischen Rechnungshofs war die Beziehung zwischen INPA und Elad im Jahr 2014 „symbiotisch“ und dass, obwohl Elad wiederholt vorgeworfen worden war, falsche historische Ansprüche geltend gemacht zu haben, um die eigene Agenda voranzutreiben. Das berüchtigste Beispiel ist der Archäologiepark der Stadt Davids in Silwan an der südlichen Spitze des Ölbergs. Archäologen haben starke Zweifel, dass diese Touristenattraktion der echte Standort von König Davids einstigem Palast ist. Trotzdem wurde für den Bau palästinensisches Land enteignet. INPA und Elad reagierten auf mehrere Anfragen zu Projekten um die Stadt herum nicht. Die Stadtverwaltung von Jerusalem wiederum leitete Fragen an INPA weiter.

Seit 2020 ist ein starker Anstieg der kommunalen Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in Ostjerusalem zu verzeichnen. Planungsprotokolle zeigen, dass eine Gesamtsumme von fast 320 Millionen Euro für deren Ausbau eingeplant wurde. Dabei monieren die palästinensischen Bewohner, dass wenige der Vorschläge ihre Infrastrukturbedürfnisse berücksichtigen. Unter anderem wird dringend neuer Wohnraum benötigt. Gleichzeitig machen es die strengen Kriterien für Baugenehmigungen und der teure Landregistrierungsprozess Palästinensern fast unmöglich, legal zu bauen.

Eine Seilbahn in die Altstadt

Auf der Liste des städtischen Planungskomitees stehen eine Seilbahnlinie, die ein jüdisches Wohnviertel mit der Altstadt verbinden soll, mehrere neue Nationalparks und Nightlife-Projekte im christlichen Viertel. Fast alle beinhalten die Aneignung palästinensischer Grundstücke, darunter – zum ersten Mal seit Beginn der Besatzung – die Umsiedlung ganzer einzelner Gebäude oder Familien sowie der Bau eines Gewerbegebiets, das nördlich der Altstadt eine geschäftige Einkaufsstraße in Wadi Joz ersetzen soll.

Bei einem Versuch, sich einen Überblick über die zahlreichen Planungsvorschläge zu verschaffen, kann einem der Kopf schwirren. Aber tritt man einen Schritt zurück und betrachtet das große Bild, tritt ein klares Muster zutage: Die Summe der Projekte sichert eine geografische israelische Kontinuität in der Stadt, während sie das palästinensische Leben fragmentiert.

Betrachtet man Jerusalem als Uhrenziffernblatt, hat sich fast überall im östlichen Teil der Stadt eine israelische Präsenz etabliert – außer im Bereich zwischen zwei und vier Uhr, wo sich der Ölberg befindet. Der drohende Plan, einen Großteil des Berges in einen Nationalpark zu verwandeln, würde die Einkreisung der Altstadt und ihrer heiligen Stätten vollenden. Oberflächlich betrachtet klingt ein Nationalpark wie etwas, das es wert ist, dafür Raum und Finanzen einzusetzen. Im Februar vergangenen Jahres berichtete die Zeitung Times of Israel von einem Antrag des städtischen Planungskomitees auf Erweiterung der Grenzen des bestehenden Mauer-Nationalparks in Jerusalem um einen Teil des Ölbergs. Laut INPA würde die Erweiterung die historische Landschaft besser erhalten und kein Eigentum der Kirche schädigen.

Die Patriarchen sind alarmiert

Doch die Nachricht rief außergewöhnlich offenen Ärger seitens der Patriarchen und Kirchenleitungen in Jerusalem hervor. In einem offenen Brief warfen die armenische, die katholische und die griechisch-orthodoxe Kirche der INPA vor, ein Projekt zu fördern, „dessen offensichtlich einziger Zweck es ist, unter dem Vorwand, Natur zu schützen, einen der heiligsten Orte der Christenheit zu konfiszieren und zu verstaatlichen“.

Dokumente der Jerusalemer Stadtentwicklungsbehörde zeigen, dass es gezielt Pläne für den Ölberg gibt, die Kircheneigentum betreffen. Ein Fußgängerweg für jüdische Pilger, die den heiligen Friedhof des Berges besuchen, soll demnach Grundstücke der Kirchen durchqueren. Einem Haushaltsplan zufolge muss für den Bau ein Teil des von polnischen Nonnen geführten Waisenhauses der Schwestern der Heiligen Elisabeth abgegeben werden. Am Fuß des Berges ist zudem ein Besucherzentrum geplant.

Die Patriarchen befürchten, dass der Fußweg den Zugang zu den Kirchen und heiligen Stätten beschränken und es schwierig machen wird, die jährliche Palmsonntagsprozession abzuhalten. „Es ist schlicht und ergreifend Greenwashing“, erklärt Daniel Seidemann, Rechtsanwalt und Gründer der NGO Terrestrial Jerusalem, der seit Jahren die politische Auswirkung der urbanen Entwicklung in der Stadt analysiert. „Es bedeutet, dass die christliche Präsenz auf dem Berg auf das Innere der Kirchen beschränkt wird und die Siedler alles andere kontrollieren.“

Während jedes Jahr Millionen Christen Israel besuchen, leben heute sehr wenige von ihnen im Heiligen Land. Noch vor einem Jahrhundert machten sie ein Viertel der Bevölkerung in Jerusalem aus; heute sind es weniger als zwei Prozent. Die Gemeinschaft hat Schwierigkeiten, sich Wohnraum leisten zu können. Auch hat die hohe Sicherheitsmauer, die die Gebiete der Westbank von Jerusalem abtrennt, sie von ihren Glaubensgenossen in Bethlehem getrennt, obwohl die beiden Städte nur knapp zehn Kilometer auseinander liegen. Angriffe jüdischer Extremisten auf christliche Würdenträger und heilige Stätten in Jerusalem sind nicht neu, nehmen aber zu. Bisher wurden im Jahr 2023 ein Friedhof und eine Jesus-Statue beschädigt.

„Dieser Tage hat man das Gefühl, dass wir in Jerusalem zu Gast sind, anstatt Rechte und einen Status als Gemeinschaft zu haben“, sagt Pierbattista Pizzaballa, der sehr respektierte Lateinische Patriarch von Jerusalem, Oberhaupt der dortigen römisch-katholischen Partikularkirche und de facto Botschafter des Vatikans. „Es muss verstanden werden, dass wir keine Gäste sind.“

Dabei sind sich die Kirchenleitungen uneins darüber, wie man am besten mit der Unterhöhlung des christlichen Jerusalem umgehen sollte: insbesondere der griechisch-orthodoxen Kirche werfen die Palästinenser Kollaboration durch den Verkauf oder die Verpachtung von Land an jüdische Siedler vor. Nach der Kritik von Pizzaballa und anderen Kirchenoberhäuptern an den Plänen für den Ölberg zog die Jerusalemer Stadtverwaltung die Pläne vorerst zurück. Sie kündigte an, sie werde die Kirchen und andere Interessensvertreter konsultieren, wenn es weitergeht. Aber laut der Website der Stadt ist das Projekt zurück auf dem Tisch. Es soll im August dieses Jahres erörtert und genehmigt werden, obwohl laut den Kirchen bisher noch keine israelischen Behörden Kontakt mit ihnen aufgenommen haben.

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