Vier Kleinkinder bei Messerangriff in Frankreich lebensgefährlich verletzt
In Frankreich herrscht Entsetzen über einen Messerangriff auf Kleinkinder in Annecy, bei dem ein Mann fünf Menschen lebensgefährlich verletzt hat. Vier von ihnen seien Kleinkinder zwischen knapp zwei und drei Jahren, erklärte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag in der ostfranzösischen Stadt. Auch ein Erwachsener schwebe in Lebensgefahr, ein weiterer sei leicht verletzt. Es gebe "keine Hinweise auf ein terroristisches Motiv", sagte die Staatsanwältin Line Bonnet-Mathis.
Der Mann war kurz nach halb zehn Uhr morgens auf einem Spielplatz am Lac d'Annecy mit einem etwa zehn Zentimeter langen Klappmesser auf die Kinder losgegangen. Augenzeugen berichteten, dass er auch auf zwei Kinder eingestochen habe, die sich in einem Doppel-Kinderwagen befanden. Auf einem Video ist zu hören, dass er zwei Mal auf Englisch "Im Namen Jesu" schrie.
In dem Video ist auch zu sehen, wie eine Frau den Mann schließlich von den Kindern wegstößt und um Hilfe schreit. Auch ein junger Mann bemüht sich, den Angreifer im Schach zu halten. Augenzeugen berichteten, dass der Mann fliehen wollte und dabei einen älteren Mann auf einer Bank angegriffen habe. Die Polizei habe geschossen und dabei auch den älteren Mann getroffen.
Der Angreifer sei nach etwa vier Minuten ohne größere Verletzungen festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes. Zwei der verletzten Kinder seien aus Frankreich, die beiden anderen aus den Niederlanden und Großbritannien, erklärte die Staatsanwaltschaft. Berichte über ein deutsches Kind unter den Opfern seien einer Verwechslung geschuldet.
Nach ersten Erkenntnissen handelt es sich bei dem Täter um einen 31 Jahre alten Syrer, der zehn Jahre in Schweden gelebt hatte und dort als Flüchtling anerkannt war, sich aber vergeblich um die Nationalität bemüht habe. Er sei dort verheiratet gewesen und habe ein drei Jahre altes Kind. Im vergangenen Jahr habe er sich scheiden lassen und sei nach Frankreich gekommen.
Laut Innenminister Gérald Darmanin stellte er in Frankreich, Italien und in der Schweiz weitere Asylanträge. In seinem Antrag in Frankreich bezeichnete er sich als "syrischer Christ". Am Tag des Anschlags trug er ein Kreuz an einer Halskette.
Am vergangenen Sonntag sei sein Antrag von französischer Seite abgelehnt worden, da er bereits in Schweden Asyl erhalten hatte, sagte Darmanin. Die zeitliche Nähe zu dem Messerangriff sei "verstörend".
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war der Mann den Geheimdiensten nicht bekannt. Es gebe auch keine Hinweise auf frühere Aufenthalte in einer psychiatrischen Einrichtung. Drogen oder Alkohol seien nicht nachgewiesen worden.
Laut der Lokalzeitung "Le Dauphiné Libéré" war der Mann ohne festen Wohnsitz und "auf dem Weg der Verwahrlosung". Ein Beschäftigter an einer der Anlegestellen am Lac d'Annecy berichtete, dass der Mann sich seit etwa zwei Monaten täglich von morgens bis abends auf einer Bank am Seeufer aufgehalten habe. Dabei habe er zeitweise Selbstgespräche geführt.
Der Vorfall erregte große Anteilnahme. Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Angriff als "absolut feige". "Unsere Gedanken sind bei ihnen, ihren Familien und den mobilisierten Rettungskräften", betonte Macron auf Twitter.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drückte den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. "Lieber Emmanuel Macron, (...) Deutschland ist schockiert über diese unmenschliche und verachtenswerte Tat", schrieb er auf Deutsch und Französisch auf Twitter.
Mehrere Politiker der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National zogen eine Verbindung zwischen der Tat und der Migrationspolitik in Frankreich. "Wir müssen die Situation wieder unter Kontrolle bekommen, was der Regierung nicht gelingt", erklärte Parteichef Jordan Bardella. "Die massive Einwanderung steht in direktem Zusammenhang mit der Verrohung, unter der unser Land leidet", sagte Vizeparteichef David Rachline.
Der Spielplatz am Seeufer wurde am späten Nachmittag wieder geöffnet. Menschen legten Blumen im Gedenken an die Opfer ab.