Nachwahlen: Britische Konservative können nur einen von drei Wahlkreisen halten
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Großbritanniens konservative Tories haben den Wahlkreis des ehemaligen Premierministers Boris Johnson bei Nachwahlen zum Parlament knapp verteidigt - aber in zwei anderen Wahlkreisen herbe Niederlagen erlitten. Mit dem Sieg am Donnerstag in Johnsons Ex-Wahlkreis Uxbridge und South Ruislip bleibt dem britischen Premier Rishi Sunak zumindest die Schmach erspart, als erster Regierungschef seit Jahrzehnten drei Parlamentssitze an einem Tag zu verlieren.
Die Nachwahlen in den drei Wahlkreisen galten als wichtiger Stimmungstest für die Konservativen. Die Tories sind seit 13 Jahren in Großbritannien an der Macht, haben aber nach diversen Skandalen und Führungswechseln deutlich an Zustimmung eingebüßt. In aktuellen Umfragen liegen sie mit großem Abstand hinter Labour.
"Nachwahlen in der Mitte der Legislaturperiode sind für eine amtierende Regierung immer schwierig, sie gewinnen sie nur selten", sagte Sunak am Freitag vor Reportern bei einem Besuch in Uxbridge und South Ruislip im Westen Londons. Dort gewannen die Tories mit lediglich 495 Stimmen Vorsprung vor der sozialdemokratischen Labour-Partei. Der konservative Kandidat Steve Tuckwell kam auf 13.965 Stimmen, Labour-Kandidat Danny Beales auf 13.470 Stimmen.
Wahlentscheidend in diesem Wahlkreis war mutmaßlich die umstrittene Ausweitung der Umweltzone auf den Großraum London und damit auch auf Uxbridge. Sie war vom Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, einem Labour-Politiker, durchgesetzt worden.
Das System der Ultra-Low Emission Zone (Ulez), das 2019 erstmals in der Londoner Innenstadt eingeführt worden war, sieht für umweltschädlichere Fahrzeuge innerhalb der Zonengrenzen eine Gebühr von 12,50 Pfund (14,45 Euro) pro Tag vor. Khans Plänen zufolge soll die Zone Ende August auf den Großraum London ausgedehnt werden. Khan verteidigte am Freitag die Entscheidung über die Erweiterung als "schwierig", aber notwendig.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov vom Freitag sprach sich die Hälfte der Briten nun gegen Klima-Abgaben in ihrer Region aus - ein Anstieg um neun Prozentpunkte innerhalb von zwei Jahren. Nur ein Drittel der Bevölkerung befürwortet demnach die Kosten.
Labour-Vize-Chefin Angela Rayner bezeichnete die ehrgeizigen Klimaziele als "Herausforderung". Die Partei, die die nächsten Wahlen gewinne, müsse den Menschen die Möglichkeit geben, "das Richtige zu tun, ohne sie zu bestrafen und zu belasten, wenn sie es sich nicht leisten können", sagte Rayner am Freitag dem Sender Times Radio.
Der konservative Kandidat Tuckwell machte Khans Klimapolitik für die Niederlage der Opposition verantwortlich. Diese "schädlichen und kostspieligen" Pläne hätten Labour den Sieg gekostet. Der Wahlkreis Uxbridge und South Ruislip ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der Tories.
Den Wahlkreis Somerton und Frome im Südwesten Englands gewannen die Liberaldemokraten mit deutlichem Vorsprung. Ihre Kandidatin Sarah Dyke siegte mit 21.187 Stimmen. Der Tory-Abgeordnete David Warburton kam nur auf 10.179 Stimmen.
Im dritten Wahlkreis Selby und Ainsty im nordenglischen Yorkshire verloren die Konservativen ihre bisherige Mehrheit von 20.000 Stimmen. Dort hatte der Johnson-Verbündete Nigel Adams sein Mandat niedergelegt und somit eine Nachwahl erforderlich gemacht.
Der 25-jährige Labour-Kandidat Keir Mather gewann in diesem Wahlkreis mit 16.456 Stimmen, gegenüber 12.295 Stimmen für die Tories. Er verzeichnete damit einen der größten Umschwünge zugunsten der Labour-Partei in einer Nachwahl seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Wahlkreis Selby und Ainsty habe "Geschichte geschrieben", schrieb Labour-Chef Keir Starmer im Onlinedienst Twitter. "Dieses unglaubliche Ergebnis zeigt, wie stark die Nachfrage nach Veränderungen ist."