Drei Jahre war Christian Nerlinger Sportdirektor beim FC Bayern. Jetzt erzählte er, wie er die Zeit beim deutschen Rekordmeister erlebt hat.Das Champions-League-Finale 2012 gilt als eines der größten Desaster beim FC Bayern in der jüngeren Vereinsgeschichte. Die Münchener spielten das Endspiel in ihrer eigenen Allianz Arena, mussten sich aber trotz Dominanz am Ende dem FC Chelsea im Elfmeterschießen geschlagen geben. Die Partie markierte auch indirekt das Ende der Amtszeit von Christian Nerlinger als Sportdirektor beim FC Bayern."Für mich war vorher schon klar, dass es mein letztes Spiel ist", sagte der heute 50-Jährige im Gespräch mit der "Augsburger Allgemeinen". Er habe gespürt, dass der Klub eine Veränderung brauche. "Sportliche Inhalte als Sportdirektor haben mir wahnsinnig Spaß gemacht, aber der Fußball ist ein Konstrukt, mit dem viel Geld, viel Öffentlichkeit und damit auch sehr viele Eitelkeiten verbunden sind", so Nerlinger. "Ich habe viel Energie in Dinge gesteckt, in die ich keine Energie mehr stecken wollte.""Der FC Bayern war eine andere Dimension"Dann verwies der frühere Bundesligaprofi auf die Intensität der Arbeit bei den Münchnern. "Der FC Bayern saugt dich mit Haut und Haaren auf. Es hat Hochgefühle gegeben, als ich ins Epizentrum dieses Klubs vorgedrungen bin. Plötzlich mit Hoeneß, Rummenigge oder Beckenbauer in alle sportlichen, aber auch gesellschaftlichen Themen eingebunden zu sein, war ein Ritterschlag", betonte Nerlinger, der ab 2009 als Sportdirektor beim deutschen Rekordmeister fungierte, nachdem er ein Jahr als Teammanager gearbeitet hatte.Doch die Zeit beim FC Bayern hatte für ihn auch ihre Schattenseiten. "Auf der anderen Seite war mein kleinster Sohn fünf Monate alt und in der Zeit sind noch zwei Söhne zur Welt gekommen. Auch als Berater musst du sieben Tage die Woche arbeiten, immer erreichbar oder vor Ort sein", erklärte Nerlinger. "Aber der FC Bayern war eine andere Dimension – inklusive der Gemengelage. Die vier Jahre waren eine top Zeit, aber auch genug."Neuer? "Nicht überrascht, wie er zurückgekommen ist"Ein Transfer, an dem Nerlinger in seiner Münchener Zeit entscheidend beteiligt gewesen war, ist der von Manuel Neuer. Der Torhüter wechselte 2011 von Schalke 04 nach München. "Es war für mich überragend, in führender Position Spieler wie Robben und auch Neuer zu holen, die den Verein in den nächsten Jahren getragen haben", sagte Nerlinger.Den Keeper habe man "mit der Überzeugung verpflichtet, dass wir für 15 Jahre die deutsche Nummer eins haben. Für uns war er ein teurer und komplizierter Transfer, er persönlich ist angefeindet worden." Neuer etablierte sich dennoch in München. "Wie er schon damals mit solchen Situationen umgegangen ist, war Wahnsinn", zeigte sich Nerlinger überrascht. Doch: "Mich hat jetzt nicht überrascht, wie er zurückgekommen ist. Für mich zählt er bei Bayern zur Kategorie Beckenbauer, Maier, Hoeneß oder Kahn. Solchen Spielern wünscht man, dass sie den Abschied selbst bestimmen können."Neuer hatte sich nach der WM 2022 einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen und war monatelang ausgefallen. Ende Oktober hatte er beim FC Bayern aber sein Comeback gegeben und stand seitdem in allen Partien der Münchener wieder im Tor.
