Ermittlungen in Tschechien: Warum mussten 14 Menschen sterben? Prager Polizei sucht nach dem Tatmotiv
Kurz vor Weihnachten fallen Schüsse an der renommierten Karls-Universität. 14 Menschen sterben im Kugelhagel, mehr als 20 werden verletzt. Auch der Schütze ist tot. Nun sucht die Polizei das Tatmotiv.
Nach der Schusswaffenattacke an der Prager Karls-Universität mit 14 Toten und vielen Verletzten sucht die Polizei nach einem Motiv für die Tat. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren sei eingeleitet worden, um die Umstände aufzuklären, sagte die zuständige Staatsanwältin Lenka Bradacova. Auch der mutmaßliche Schütze ist tot. Unklar war noch, ob sich der Student selbst richtete oder von der Polizei unschädlich gemacht wurde. Aufklärung sollte die Obduktion der Leiche ergeben.
Über ein mögliches Motiv herrscht bisher Unklarheit. Eine Hypothese der Ermittler lautet nach Aussage des Polizeipräsidenten Martin Vondrasek, dass der 24-Jährige auch für einen Doppelmord vor einer Woche verantwortlich gewesen sein könnte. Ein Vater und dessen Tochter im frühen Säuglingsalter waren scheinbar grundlos in einem Waldstück am Prager Stadtrand erschossen worden. Der Fall hatte in Tschechien für Entsetzen gesorgt.
Es gebe bislang keine Hinweise auf einen Zusammenhang zum internationalen Terrorismus, teilte Innenminister Vit Rakusan am Donnerstag mit. Der Polizei zufolge wurde der Mann bereits vor den Schüssen in Prag gesucht, da sein Vater tot aufgefunden worden war. International rief die Tat Bestürzung hervor.
Prager Polizei suchte nach mutmaßlichem Schützen
"Derzeit kann ich 14 Opfer und 25 Verletzte dieses schrecklichen Verbrechens bestätigen", sagte Polizeichef Martin Vondrasek am späten Abend vor Journalisten. Es sei eine große Anzahl von "Ambulanzeinheiten" zum Tatort geschickt worden, erklärte der Prager Rettungsdienst bei X. Es gebe auch mehrere Schwerverletzte.
Der Schusswaffenangriff wurde an der Philosophischen Fakultät der Prager Karls-Universität verübt. Sie liegt im historischen Stadtzentrum in der Nähe von bekannten Touristenattraktionen wie der im 14. Jahrhundert errichteten Karlsbrücke.
Nach Angaben von Polizeichef Vondrasek begannen die Beamten schon vor dem Schusswaffenangriff mit der Suche nach dem 24-Jährigen, nachdem der Vater des Mannes tot im Ort Hostoun westlich von Prag aufgefunden wurde. Der Schütze habe sich auf den Weg in die tschechische Hauptstadt gemacht und gesagt, er wolle sich selbst töten, fuhr Vondrasek fort. Die Beamten hatten zuvor vermutet, dass der Schütze seinen Vater getötet habe.
Die Polizei durchsuchte das Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät, wo der Schütze zu einer Vorlesung erwartet wurde. Er ging jedoch in ein anderes Gebäude der Fakultät in der Nähe und wurde nicht rechtzeitig gefunden. Gegen 15 Uhr habe es erste Informationen über Schüsse gegeben, die schnelle Eingreiftruppe sei innerhalb von zwölf Minuten vor Ort gewesen.
Kurz darauf habe es Informationen über den regungslosen Körper des Schützen gegeben. Unbestätigten Informationen zufolge habe er sich selbst getötet. Polizeichef Vondrasek sagte mit Verweis auf eine Untersuchung in Onlinenetzwerken, der Täter habe sich von einem "ähnlichen Fall" in diesem Herbst in Russland inspirieren lassen. Nähere Angaben dazu machte der Beamte nicht. Derzeit gebe es keine Anhaltspunkte für eine weiter drohende Gefahr.
Die Identifizierung der Toten stand am späten Donnerstagabend nach Angaben von Vondrasek noch aus, da Pyrotechniker in dem Gebäude arbeiteten. Seinen Angaben zufolge wurden bei dem Einsatz keine Beamten verletzt.
Anteilnahme nach Gewalttat in Tschechien
Die Polizei evakuierte das Gebäude und nutzte eine Konzerthalle auf der anderen Straßenseite als temporären Zufluchtsort für die Evakuierten.
Der schlimmste Schusswaffenangriff Tschechiens seit der Aufspaltung der Tschechoslowakei 1993 rief Bestürzung auf der ganzen Welt hervor. Der tschechische Präsident Petr Pavel zeigte sich "schockiert" über den Angriff. Er sprach den Angehörigen der Opfer bei X sein "tiefes Bedauern und aufrichtiges Beileid" aus.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula erklärte bei X, sie sei "schockiert über die sinnlose Gewalt, die heute mehrere Menschenleben in Prag gefordert hat". Sie drückte zudem ihr Beileid aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte bei X, die "schrecklichen Nachrichten aus Prag" hätten ihn "tief bestürzt".
"Der Anschlag mitten in Prag trifft Europa im Herzen. Wir sind in Trauer", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei X. "Die Nachrichten von der furchtbaren Tat mit mehreren Toten an der Universität Prag erschüttern uns zutiefst", gab Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an. Sie habe ihrem Kollegen Rakusan ihr Mitgefühl ausgedrückt und Unterstützung angeboten.
Das Weiße Haus verurteilte die "sinnlose" Gewalt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die Ministerpräsidentin Elisabeth Borne äußerten ihre "Erschütterung" und "Solidarität". Borne erklärte, mit Pavel über den Angriff gesprochen zu haben – der tschechische Präsident beendete am Donnerstag einen Besuch in Frankreich.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde aktualisiert.