Erbschaften: Töchter erben bis zu 37 Prozent weniger – weg mit der Geschlechterlücke!
Erbschaften und Schenkungen gesellen sich zu den bekannten Ungerechtigkeiten der Lohnlücke, Rentenlücke und Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen dazu. Männer kriegen mehr Geld vermacht als Frauen.
Der Tod, heißt es, mache alle Menschen gleich. Doch in finanzieller Hinsicht scheint dies keineswegs der Fall zu sein. Die bekannten Phänomene der Lohnlücke, Rentenlücke und Lebenseinkommenslücke zwischen den Geschlechtern sind mittlerweile breit diskutiert. Aber haben Sie schonmal von der Erbschafts- und Schenkungslücke gehört? Vermutlich nicht. Gleichzeitig überrascht es nicht, dass es sie gibt.
Die Höhe des steuerlichen Freibetrags und der Erbschafts- oder Schenkungssteuer variiert je nach Beziehung zwischen Erblasserin bzw. Erblasser und Erbe oder Erbin. Doch nicht nur in steuerlicher Hinsicht gibt es Unterschiede. Auch die Höhe des vererbten Vermögens variiert deutlich – und diese Unterschiede gehen nicht immer nur vom Staat aus.
Amerikaner stellen Erbe zur Schau, Deutsche halten es verborgen
Es gibt interessante kulturelle Unterschiede, wenn es um den Umgang mit Geld und Erbe geht. In den USA ist es vollkommen normal, den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen. Er wird auch genutzt, um damit Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken, beispielsweise durch Spendengalas, Spendenaufrufe oder Stiftungsarbeit. Ein Großteil des Erbes wird häufig bereits zu Lebzeiten an die Nachkommen vererbt oder an wohltätige Zwecke gespendet. Am Lebensende ist nicht mehr viel übrig, das es zu vererben gäbe.
PAID Erbschaft Geld anlegen_11.10Uhr
In Deutschland wird Reichtum eher verborgen gehalten; man möchte nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, denn wie heißt es bei uns? Über Geld spricht man nicht! Die Nachkommen bekommen zwar eventuell eine kleine Schenkung zu Lebzeiten, aber der Großteil wird häufig bis ans Lebensende im Verborgenen zusammengehalten und kommt erst mit Testamentseröffnung ans Tageslicht.
Der Volksmund sagt: In den USA lebt man reich wie Krösus und stirbt arm wie eine Kirchenmaus. In Deutschland ist es andersherum: Leben wie eine Kirchenmaus, sterben wie Krösus.
Die geschlechterspezifische Erbschaftslücke
Die geschlechterspezifische Erbschaftslücke ist ebenfalls bemerkenswert. Denn leider enden die oben genannten Gender Gaps mit dem Tod nicht. Töchter erben im Durchschnitt 13 Prozent weniger als Söhne, während der Unterschied bei Schenkungen (also Erbschaften zu Lebzeiten) sogar 37 Prozent beträgt. Dies liegt vor allem daran, dass Unternehmen und Betriebsvermögen häufiger an Söhne übertragen werden, und das schon zu Lebzeiten. Somit haben sie mehr Zeit, ihr Vermögen zu vermehren. Töchter hingegen erhalten meist klassische Erbschaften deutlich später im Leben, die oft weniger wert sind und noch dazu höher besteuert werden.
Als Beispiel: Der Sohn erbt den Betrieb, die Tochter ein Aktien-Portfolio – sofern vorhanden. Der Betrieb wird übergeben, wenn der Vater in Ruhestand geht, also hoffentlich viele Jahre vor seinem Ableben. Ab diesem Zeitpunkt hat der Sohn also die Möglichkeit, sein Erbe zu vermehren. Dieser Betrieb mit all seinen zukünftigen Einnahmen ist ungleich mehr wert und muss noch dazu wenig bis gar nicht versteuert werden als das Aktien-Portfolio, das beim Tod der Eltern an die Tochter geht.
Über faire Verteilung des Erbes sprechen
Heißt im Klartext: Töchter bekommen später im Leben weniger Geld und müssen davon mehr an den Fiskus abgegeben als Söhne!
Die gute Nachricht ist, dass jede Person dazu beitragen kann, die Erbschafts- und Schenkungslücke zwischen den Geschlechtern zu verringern. Es ist wichtig, reflektierte Entscheidungen zu treffen und über finanzielle Angelegenheiten offen zu sprechen, auch mit den älteren Generationen. Das hat nichts mit Egoismus oder Gier zu tun, sondern mit cleverer, solider und generationenübergreifender Finanzplanung. Natürlich kann die Hemmschwelle je nach Familien-DNA hoch sein, vor allem, wenn bisher eher "Über Geld spricht man nicht" die Maxime war. Es erfordert Mut und Offenheit, aber es lohnt sich.