FC Bayern im Taktik-Check: Worauf sich Ancelotti und Co. einstellen müssen
Nach den Triumphen hehen Manchester City und Barcelona steht für die Königlichen in dieser Woche das nächste Knallerspiel auf dem Programm. Im Hinspiel des Champions-League-Halbfinals sind die Schützlinge von Carlo Ancelotti am Dienstagabend beim immer jungen Königsklassen-Kracher beim FC Bayern gefordert.
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REAL TOTAL nimmt das Aufeinandertreffen mit dem deutschen Rekordmeister zum Anlass, die wesentlichen Schlüssel zum Sieg aufzuzeigen.
1. Taktik-Fuchs Tuchel nicht unterschätzen:
Als aktueller Tabellenzweiter blicken die Bayern in der Bundesliga auf eine ernüchternde Saison zurück. In vielen Spielen wurde deutlich, dass sowohl in der Kabine und auf dem Platz als auch rund um den Klub viele Dinge zurzeit nicht stimmen. Dennoch haben die Schützlinge von Thomas Tuchel im Viertelfinal-Duell mit dem FC Arsenal unter Beweis gestellt, dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz auf der europäischen Bühne abliefern können. Das liegt nicht zuletzt an der taktischen Exzellenz ihres Übungsleiters.
Nach der guten Leistung beim 2:2 in London mussten die Bayern im Rückspiel mit Coman, Gnabry und Davies auf drei Schlüsselspieler verzichten. Und dennoch ist es Tuchel gelungen, Artetas Arsenal mit ausgezeichneten taktischen Anpassungen nahezu sämtliche Durchschlagskraft und Gefahr zu nehmen. So bemerkte der Bayern-Coach, dass Arsenal im Hinspiel mit Havertz und Ødegaard immer wieder versuchte, De Ligt zuzustellen. Indem Rice auf Laimer hochschob, sollte Dier mit seinem weniger starken linke Fuß zu langen Bällen gezwungen werden.
Tuchel entschied sich, im Rückspiel die Qualitäten von Musiala zu nutzen, um derartige Situationen zu lösen. So bewegte sich der Youngster immer wieder in die Halbräume, um Dier, Laimer und Co. zu unterstützen. Seine Fähigkeit, sich auch unter einem gewissen Gegnerdruck aufzudrehen, löste das Pressing Arsenals immer wieder auf. Alternativ fungierte der 21-Jährige primär für Dier, Mazraoui und Guerreiro als Kombinationsspieler, um das Pressing zu brechen. Ist das gelungen, hatten die Bayern immer wieder Raum im Mittelfeld, den sie attackieren und belaufen konnten. Real muss sich darauf einstellen, dass Musiala voraussichtlich der Spieler ist, mit dem das Pressing gebrochen werden soll.
Zudem entschied Tuchel, de Ligt und Dier bewusst breiter zu positionieren. Auf diese Weise konnte Arsenal das Innenverteidiger-Duo nicht „Mann zu Mann“ pressen, ohne eine eigene Unterzahl im Zentrum zu riskieren. Da oftmals Saka (oder Martinelli) hochschoben, ergab sich auf den Außenverteidigerpositionen somit Platz (primär für Mazraoui). Neuer suchte den freien Mann immer wieder gezielt, sodass sich am Flügel partielle Überzahlsituationen ergaben. Das erlaubte der Tuchel-Elf, das Übergangsspiel relativ problemlos zu gestalten und sich hohe Feldpositionen zu erarbeiten. Da Arsenal im Zentrum eine Gleichzahl schuf, suchten die Münchner zudem gezielt die Außenpositionen (knapp 80 Prozent der Angriffe liefen über die Flügel).
Ziel dieses Kniffes war in erster Linie, Sané in Eins-gegen-Eins-Situationen mit Tomiyasu zu bekommen (wobei auch Guerreiro gegen White ein gewünschtes Match-Up darstellte). Aufgrund der starken Strafraumbesetzung – zumeist bestehend aus Kané, Musiala und Goretzka – stellten diese Situationen ein großes Gefahrenpotenzial dar. Darauf müssen sich die Blancos ebenfalls einstellen. Daher scheint doppelt wichtig, dass Carvajal/Vázquez und Mendy sich zutrauen, Sané und Guerreiro (oder Gnarby bzw. Coman) im Eins-gegen-Eins aufzunehmen.
Der Treffer sollte jedoch durch Arsenals Reaktion auf eben jene Situationen fallen: Indem Martinelli seinen Außenverteidiger Tomiyasu immer wieder unterstützte, ergab sich für Kimmich viel Platz in der Halbposition. Diese nutzte er entweder für gefährliche Flanken (etwa vor Goretzkas Lattenkopfball) oder für relativ freie Tiefenläufe. So markierten Tomiyasu und Martinelli Sané vor dessen Flanke. Bei der direkt folgenden Guerreiro-Hereingabe von der anderen Seite markierte folglich niemand Kimmich, der diese Situation nutzte, um mit Dynamik in den Strafraum zu laufen und das Leder über die Linie zu wuchten.
2. Das Mittelfeld dominieren
Wie schon gegen Manchester City dürfte auch im Duell mit dem FC Bayern von großer Bedeutung sein, dass die Blancos im zentralen Mittelfeld Akzente setzen. Während Kroos und Co. gegen die „Skyblues“ vor allem dafür zuständig waren, wichtige Zweikämpfe zu gewinnen und phasenweise (auch unter großem Gegnerdruck) für Entlastung zu sorgen, dürfte gegen die Bayern wieder mehr Ballbesitzzeit bei den Königlichen liegen.
Wichtig wird sein, dass Kroos, Tchouaméni, Valverde, Camavinga, Bellingham und Modrić, die voraussichtlich in verschiedenen Konstellationen das Mittelfeldzentrum des Rekordsiegers bilden, den Spielrhythmus diktieren. Neben der grundsätzlichen Spielkontrolle dürften die Mittelfeldstrategen der Merengues die Aufgabe haben, das Spiel in den richtigen Momenten zu beschleunigen. Mit Vinícius Júnior und Rodrygo Goes verfügen die Ancelotti-Schützlinge über immense Eins-gegen-Eins-Qualitäten und enormes Tempo.
3. Harry Kane kontrollieren
Mit 42 Toren und 13 Assists in 42 Partien ist Harry Kane trotz der auf nationaler Ebene ernüchternden Bayern-Saison ein absoluter Glücksgriff für die Münchner gewesen. Auch wenn die Quote in der Bundesliga (1,13 Tore pro Spiel) etwas höher als in der Königsklasse ist (0,7 Tore pro Spiel), funktioniert der englische Nationalspieler bislang auf ganzer Ebene.
Das logischste Match-Up aus Real-Sicht dürfte Antonio Rüdiger sein. Im Viertelfinal-Duell gelang es dem deutschen Nationalspieler, Citys Topstürmer Erling Haaland in beiden Aufeinandertreffen nahezu komplett aus dem Spiel zu nehmen. Nicht ohne Grund sagte jüngst etwa Didi Hamann gegenüber dem TV-Sender Sky: „Rüdiger hat in Manchester den entscheidenden Elfmeter in eiskalter Manier verwandelt. Er hat zwei Riesenspiele gegen Haaland gemacht und ist bei Real ein absoluter Leader.“ Es scheint unbestritten, dass wir zuletzt den besten Rüdiger aller Zeiten sehen. Ein Innenverteidiger, der auch einen Harry Kane hartnäckig bearbeiten kann.
4. Die „Bestia Negra“ respektieren, aber nicht fürchten
26-mal standen sich Real Madrid und der FC Bayern gegenüber. Elfmal gewannen die königlichen – zwölfmal behielten die Bayern die Oberhand. Kaum einen Gegner fürchtet man an der Concha Espina mit Blick auf die Historie so wie den deutschen Rekordmeister. Grund genug also, auch die mitunter taumelnden Bayern keinesfalls zu unterschätzen. So ist davon auszugehen, dass sich den Blancos eine Mannschaft gegenüberstellen wird, die alles für den Titelgewinn zu geben bereit ist.
Der Blick auf die jüngere Vergangenheit zeigt aber auch, dass der „Fluch“ der „Bestia Negra“ so nicht (mehr) existiert. Bei den letzten beiden Aufeinandertreffen im Viertelfinale der Saison 2016/17 sowie im Halbfinale der Spielzeit 2017/18 setzten sich die Königlichen jeweils durch – wenn auch sehr knapp. Daher muss das Ziel auch in diesem Jahr lauten, diesen Weg fortzusetzen.
Fazit:
Real Madrid steht am Dienstag vor einer großen Aufgabe. Die größte Schwierigkeit dürfte darin bestehen, Tuchels Fähigkeit, taktische Lösungen zu finden, zu neutralisieren. Zudem werden die Bayern voraussichtlich sämtliche Körner in die 180 (oder mehr) Minuten gegen die Blancos investieren, sodass ein körperlicher und mentaler Abnutzungskampf zu erwarten ist. Tritt Real jedoch im Mittelfeld dominant auf und verteidigt zudem als Kollektiv, stehen die Finalchancen gut.
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