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2022

Inflation | Von der Angst zum Aufstand: Wird Ostdeutschland zur Keimzelle neuer Sozialproteste?

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Rücklagen für Energie-Nachzahlungen zu bilden, das fällt vielen im Osten besonders schwer. Wie würden Aufstände gegen die steigenden Lebenshaltungskosten dort aussehen?
Von der Angst zum Aufstand: Wird Ostdeutschland zur Keimzelle neuer Sozialproteste?

Fast 20 Jahre liegen die letzten großen Sozialproteste in Deutschland zurück. Im Sommer 2004 demonstrierten bundesweit bis zu 200.000 Menschen gegen die Hartz-Reformen der rot-grünen Bundesregierung. Ausgangspunkt der Proteste war Magdeburg, wo Montagsdemos an die ostdeutsche Tradition der Wendejahre anknüpften. Sollte es im Herbst tatsächlich zu den von einigen erhofften, von Bundesregierung und Verfassungsschutz hingegen gefürchteten Aufständen gegen steigende Preise kommen, spricht vieles dafür, dass der Osten des Landes erneut Dreh- und Angelpunkt von Protesten sein könnte.

Dies dürfte eintreten, obwohl es den Menschen, die dort leben, besser denn je gehe, wie oft zu hören und zu lesen ist, hole der Osten im Allgemeinen doch seit Jahren auf, und auch die Kaufkraft steige kontinuierlich. Das stimmt in der Tendenz zwar, doch trotzdem sind die Einkommen im Osten noch immer deutlich niedriger als die im Westen. Aktuell liegt laut der Bundesregierung der Mittelwert eines Bruttomonatslohns für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Westdeutschland 600 Euro höher als im Osten.

Doch entscheidender als das Einkommen ist ein anderer Faktor: das Eigentum. Während im Westen bis in die Mittelschicht hinein massig Geld und vor allem Immobilien vererbt werden, gibt es für die Erbgeneration in der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft des Ostens, die weitgehend ohne ostdeutsches Bürgertum auskommt, deutlich weniger zu erben: Im Westen wurden laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2002 – 2017 im Schnitt rund 92.000 Euro vererbt, im Osten hingegen, wo die Quote derjenigen, die überhaupt etwas erben, ohnehin geringer ist, waren es 52.000 Euro.

Ähnliches gilt für die in der jetzigen Krise von der Politik angemahnten Rücklagen. Die Zahl jener, die nennenswerte Rücklagen für die erwartbaren Energiekosten-Nachzahlungen bilden können, ist im Osten überschaubar. Die Vermögen sind im Westen im Schnitt doppelt so hoch. Mehrkosten im Supermarkt, an den Tankstellen, bei Miete, Strom und Gas dürften Menschen im Osten stärker treffen.

Zur materiellen Situation kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, der dafür spricht, dass das Protestpotenzial im Osten größer ist. Seit Langem wird in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen für Ostdeutschland gemessen, was sich im Westen erst in den vergangenen Jahren auftat: das Misstrauen gegenüber den Institutionen des Staates und der repräsentativen Demokratie. Die Zufriedenheit mit der Demokratie sei im Osten signifikant geringer als im Westen, war in der 2020 erschienenen Leipziger Autoritarismus-Studie zu lesen. Auch die politische Deprivation und die Erfahrung von verweigerter Anerkennung, so die Studie, träten im Osten deutlich stärker zutage als im Westen.

2004: gegen Hartz IV

Entsprechend ist mit Begriffen wie „Demokratie-Distanz“ noch freundlich umschrieben, wie rund ein Drittel der Ostdeutschen das Gemeinwesen Bundesrepublik wahrnimmt: als eine ihnen fremd gebliebene Herrschaftsform, die fortgesetzt zu ihrem Nachteil in ihre Biografien und ihre Lebenswege eingreift. Es ist eine Binse, dass die gesellschaftlichen Umbrüche und biografischen Abstürze der Transformationsjahre nach 1990 nachwirken.

Die ostdeutschen Spezifika – schlechtere materielle Lage und stärkere Ablehnung des Bestehenden – waren auch Mitte der 2000er Jahre gegeben und trugen dazu bei, dass die Protestwelle gegen die geplanten Arbeitsmarkt- und Sozialreformen in Ostdeutschland eine starke Dynamik entfalten konnte. Trotz marginaler Beteiligung von Neonazis verliefen die Proteste im Sommer 2004 wesentlich entlang der Konfliktlinie „Oben/unten“. Könnte sich nicht wiederholen, was sich damals entwickelt hat: im Kern linke Sozialproteste, die vom Osten ausgehen? Skepsis ist angebracht, zumindest mit einer klassenanalytischen Perspektive auf die damaligen Träger des Protests – und jene, die gute Chancen haben, dieses Mal an der Spitze zu stehen.

Ein Blick auf die Entstehung der Proteste gegen die Einführung von Hartz IV im Sommer 2004 zeigt, dass sie getragen waren von Menschen, die institutionell und organisatorisch nicht in die Strukturen der politischen Kultur der alten Bundesrepublik eingebunden waren: Es waren keine Parteien, keine Gewerkschaften, die als Erste den Weg auf die Straße fanden; sie waren weder Initiatoren noch die, die dem Protest Stimme, Sprache und Struktur verleihen konnten. Es dauerte Wochen, bis die Gewerkschaften im Osten mit der Dynamik des Protests auf Augenhöhe kamen.

Eine Studie aus der Bewegungsforschung aus dem Jahr 2004 fasst die Klientel bei den Demonstrationen in Magdeburg und Leipzig folgendermaßen: Es überwiege „jene überwiegend älter gewordene ‚Mitte der Gesellschaft‘, die von den vereinigungsbedingten Verlusten an Industriearbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Situation in den neuen Bundesländern stark betroffen ist. Es sind gerade die Altersgruppen, die die finanziellen Einschnitte des ALG II zu spüren bekommen, ohne ernsthafte Hoffnungen auf Förderung und Beschäftigung hegen zu können.“ Mit anderen Worten: Es protestierte allen voran die abgestiegene einstige Arbeiter-Aristokratie des untergegangenen Realsozialismus. Deren informelle Netzwerke waren für die Mobilisierung entscheidend: Mit Anleihen bei der Tradition der Wende-Proteste, mithilfe von Handzetteln und der in DDR-Zeiten eingeübten Mund-zu-Mund-Propaganda wurde zu Demonstrationen aufgerufen, damit das Volk, hier wesentlich als Gegenbegriff zur politischen und wirtschaftlichen Elite verstanden, seine Forderungen erheben konnte, um die befürchtete Aushöhlung des Sozialstaats aufzuhalten.

Entgegen der westdeutschen Protestgeschichte gab es nur wenige den Demonstrationen vorausgehende programmatische Erklärungen, kaum Aufrufe, für deren Unterzeichnung geworben wurde. Nicht Funktionäre, die sich einer routinierten politischen Sprache bedienten, bestimmten das Erscheinungsbild der Hartz-Proteste in Ostdeutschland, sondern Betroffene, die um Worte rangen, biografische Lebensschicksale vortrugen, einen Ausdruck für ihre heiße Wut fanden. Es gab in den ostdeutschen Städten meist keine Pressemitteilungen, keinen Pressesprecher, dafür viel Überforderung im Umgang mit den Mechanismen der Medienwelt, was es dem damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement zumindest erleichterte, die Proteste zu diskreditieren und sie auszusitzen.

Viele der Organisatoren von damals sind heute knapp 20 Jahre älter und weitgehend desillusioniert, was in der Sprache der Politikwissenschaft und in der öffentlichen Debatte abwertend als „politikverdrossen“ bezeichnet wird. Die materielle Lage hat sich oft nicht groß verändert. Aus der Müdigkeit gegenüber den Anforderungen des neoliberalen Umbaus der Gesellschaft und den Anpassungen an diesen im Osten ist bei manchen ein regelrechter Hass auf die Demokratie und deren Repräsentanten geworden. Ein System, das es nicht vermag, das westdeutsche Wohlstandsversprechen einzulösen und für essenzielle materielle Sicherheit zu sorgen, trifft auf Skepsis und Ablehnung. Es ist jene abgestiegene Arbeiter-Aristokratie, die seit einigen Jahren unter politischer Beobachtung steht, weniger weil man sich wieder stärker der Bekämpfung ihrer sozialen Probleme annehmen würde, sondern vor allem, weil es der AfD seit 2015 gelang, immer mehr Arbeiter und Arbeitslose für sich zu gewinnen, auch und besonders in Ostdeutschland.

Den Kopf über Wasser halten

Gleichzeitig tauchte eine Gruppe auf, die mit „neue Generation“ nur unzureichend beschrieben ist: das neue ostdeutsche prekäre Kleinbürgertum. Der organisatorische Kern der Pegida-Demonstrationen in Dresden, aber auch vieler Proteste gegen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung bestand aus auffällig vielen Soloselbstständigen und Kleinunternehmern zwischen 30 und 50, die politisch weniger in der DDR als in den komplizierten 1990er Jahren sozialisiert wurden. In deren Wahrnehmung spielt der für die Proteste von 2004 noch so zentrale Oben/unten-Konflikt kaum noch eine Rolle.

Gerade bei ostdeutschen Selbstständigen könnten die kommenden Krisen besonders durchschlagen, reicht deren Einkommen doch oft nur zur Sicherung der bescheidenen Existenz. Sie konnten in den zurückliegenden 30 Jahren keine oder kaum finanzielle Rücklagen, geschweige denn eine solide Altersvorsorge aufbauen: Wer die ganze Zeit damit beschäftigt ist, seinen Kopf über Wasser zu halten, kann keine noch so mageren Schäfchen ins Trockene bringen.

Der Konkurrenzdruck der neoliberalen Ära, die Schwächung von Gewerkschaften und der Abbau sozialer Sicherungen haben bei dieser Klientel gestärkt, was sie ohnehin vertreten: Wettbewerbsideologie, weit ausgefahrene Ellbogen und eine dazu passende sozialdarwinistische Lebensauffassung, in der Rassismus und Abwertung seit 2015 immer mehr Platz griffen. Für die politische Rechte sind ostdeutsche Soloselbstständige und Kleinunternehmer zentraler Bezugspunkt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Proteste zumindest eine Schlagseite in Richtung rechtsradikaler Parteien wie der AfD aufweisen, ist also groß. Die AfD hat dies erkannt und antwortet darauf zunächst mit einer Plakatkampagne zu den Benzinpreisen in ihren ostdeutschen Hochburgen. Anders als bei den Auseinandersetzungen um die Corona-Maßnahmen, wo Rechte stark divergierende Positionen vertraten, eignet sich die thematische Verbindung zwischen der Ablehnung der Sanktionen gegen Russland und den Preissteigerungen etwa an Zapfsäulen ausgezeichnet dafür, rechte Diskurse zu verknüpfen, also: eine plausibel erscheinende rechte Erzählung zu entwerfen. Zeit wird es für die extreme Rechte, die seit dem Abebben des Flüchtlingsdiskurses auf der Suche nach Themen und Zielgruppen ist, die mobilisierend wirken können. Zuletzt zeigte man sich auch von den niederländischen Bauernprotesten beeindruckt, die es in einen deutschen Kontext zu übertragen gelte. Das misslang.

Es gibt keinen Automatismus, der die extreme Rechte in die Lage versetzt, die Deutungshoheit über die sozialen Konflikte der nächsten Zeit zu erlangen. Um dies zu verhindern, müsste ausgespielt werden, was die Stärke der Proteste 2004 war: eine klare Kommunikation, wer wessen ganz konkrete soziale Interessen vertritt und sich dafür auch engagiert. Es ginge also darum, die kommenden Kämpfe als Klassenkonflikte zu begreifen. Die Voraussetzungen dafür sind allerdings nicht gerade günstig.

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.





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